Stadt dreht Kleingärtnern den Strom ab

von Redaktion

VON CARMEN ICK-DIETL

Seit gut 60 Jahren haben die meisten Kleingärtner in der Anlage Südost 1 Stromanschlüsse in ihren Parzellen. Weil nun in ihrem direkten Umfeld zwischen Innsbrucker Ring, Echardinger- und Fehwiesenstraße die Bauarbeiten zum neuen Campus Ost starteten, fragten bei der Infoveranstaltung der Stadt einige Gartler arglos nach, was denn dann mit ihren Leitungen passiere. Im Baureferat horchte man sofort auf. Denn: „Eine Stromversorgung in dieser Dauerkleingartenanlage war der Landeshauptstadt München nicht bekannt“, erklärt ein Referatssprecher.

Das Problem: Stromanschlüsse sind in den Kleingartenparzellen nicht erlaubt. Laut Bundeskleingartengesetz darf eine Laube nach ihrer Ausstattung und Einrichtung nicht zum dauerhaften Wohnen geeignet sein. Im Generalpachtvertrag zwischen der Stadt München und dem Kleingartenverband ist das genau geregelt. „Insbesondere unzulässig sind Einbaumöbel, Warmwasserbereitungsanlagen, eine ortsfeste Heizeinrichtung und Stromerzeugnisanlagen.“ Nur die Vereinsheime dürfen Strom haben, außerdem kann die Kolonie Arbeitsstromstationen für Gemeinschaftsarbeiten beantragen. Der ist aber nicht zur Versorgung der Parzellen gedacht.

Für die Einhaltung dieser Regeln ist die Stadt verantwortlich. Sie hat nun angekündigt, dass in Berg am Laim die Leitungen nach einer Duldungsfrist zum November 2024 stillgelegt werden. „Das ist ziemlich kulant“, findet Alexander Reissl. Der CSU-Stadtrat ist Vorsitzender des Kleingartenverbands München. „Es ist völlig klar: So ein Parzellen-Anschluss ist nicht zulässig.“ Eine Ausnahme sei nicht denkbar. „Wo würde man anfangen, Unterschiede zu machen?“ Denn den Wunsch nach Strom gebe es immer mal wieder.

Dass die Berg am Laimer Gartler Stromabrechnungen von den Stadtwerken erhalten, ändere nichts, sagt das Baureferat. „Die vorhandenen unzulässigen Stromzähler wurden von einer Privatperson aus dem Verein in Auftrag gegeben.“ Doch von „nicht rechtmäßiger Stromverlegung“ kann gar keine Rede sein. Eine Gartenpächterin kann ein Schreiben von Oktober 1962 vorlegen, in dem der frühere Münchner Stadtgartendirektor ihrem Vorgänger ganz offiziell den „Lichtanschluss“ genehmigt. „Mit der Auflage, dass die Zuleitung zum Gartenhaus unterirdisch in Kabel verlegt wird.“ Auch die Stadtwerke wurden einst davon informiert. Der damalige Pächter musste nur schriftlich versichern, „dass ich mein Gartenhaus nicht als Wohnung benutzen werde“ und er noch einen ordentlichen Wohnsitz habe. Der Antrag kostete ihn damals 25 D-Mark.

Das Baureferat empfiehlt nun, sich Solarmodule aufs Laubendach zu montieren. Möglich sind bis zu 1,6 Quadratmeter. Denn die sind zur Stromversorgung erlaubt. Einer der Kleingärtner in SO1 hat dafür gerade rund 2500 Euro bezahlt. Eine Investition, die sich nicht jeder Laubenbesitzer leisten kann, sagt die Berg am Laimer CSU. Es gibt bereits Gärtner, die angekündigt haben, dass sie dann ihre Idylle aufgeben werden. Der BA hat daher beantragt, den Pächtern die Nutzung der bestehenden Stromleitungen wenigstens so lange zu ermöglichen, bis die Leitungen sanierungsbedürftig werden.

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