Historischer Gipfel

Trump trifft den kleinen Raketenmann

von Redaktion

Von Friedemann Diederichs

Washington – Für US-Präsident Donald Trump war Nordkoreas Diktator Kim Jong Un bisher stets eine Art persönliche Zielscheibe. Trump drohte ihm mit „Feuer und Zorn“ für den Fall einer militärischen Eskalation, stellte vor den Vereinten Nationen sogar eine Vernichtung Nordkoreas in den Raum und belächelte Kim aufgrund der Lenkwaffentests als „kleinen Raketenmann“. Intern ließ das Weiße Haus bereits das Pentagon Pläne für einen begrenzten militärischen Erstschlag ausarbeiten und zog kürzlich erneut die Sanktions-Daumenschrauben an.

Doch trotz dieses Säbelrasselns hatte Trump eines nie getan: ein Treffen mit Kim unter den richtigen Bedingungen ausgeschlossen. Im Wahlkampf hatte der Präsident sogar formuliert, er sei bereit, sich mit ihm in den USA „auf einen Hamburger“ zu treffen. Denn: Es könne doch nicht falsch sein, mit Kim – der Trump im vorausgegangenen Krieg der Worte als „Verrückten“ und „senil“ bezeichnet hat – einen Dialog zu eröffnen. Nun soll es also zu einem historischen Gipfel zwischen Trump und Kim bis Ende Mai kommen, nachdem der US-Präsident eine Einladung Kims – vom südkoreanischen Sicherheitsberater Chung Eui Yong in Washington überbracht – angenommen hat. Ort und Zeitpunkt stehen noch nicht fest, doch in den USA sehen Experten Südkorea als mögliches Gastgeberland für das erste Treffen überhaupt zwischen einem US-Präsidenten und einem nordkoreanischen Regimechef.

Dass es keine Vorleistungen der USA für den Termin mit Kim geben werde, hatte Trumps Sprecherin Sarah Sanders eiligst beteuert: Die Sanktionen würden ebenso wie „maximaler Druck“ aufrecht erhalten, und man erwarte von Nordkorea die Denuklearisierung des Landes.

Die diplomatische Sensation, die vor allem für Kim eine Aufwertung darstellt, war vom südkoreanischen Präsidenten Moon Jae In vorbereitet und gefördert worden, der ebenfalls eine Einladung Kims für ein Gipfeltreffen akzeptiert hat. Das Tauwetter war bereits während der Olympischen Winterspiele in Südkorea sichtbar geworden. In Washington versucht man den Eindruck zu vermeiden, es habe – möglicherweise auf einem Geheimkanal – Vorleistungen oder Zusagen gegeben. Ein solches Fazit ergibt sich aus der Stellungnahme des südkoreanischen Gesandten in Washington jedenfalls nicht: Er habe Trump versichert, dass Kim Jong Un zu einer Denuklearisierung bereit sei, wenn Nordkoreas Sicherheit garantiert sei. Auch wolle Kim alle Atom- und Raketentests während bilateraler Gespräche unterlassen. Gleichzeitig gibt es überraschenderweise bisher keine Forderung Nordkoreas, dass die USA und Südkorea ihre gemeinsamen Militärmanöver aussetzen.

Trump, innenpolitisch wegen der Russland-Ermittlungen, der Strafzölle-Entscheidung und neuer Negativschlagzeilen über eine vermeintliche Affäre mit einem Pornostar unter Druck, sieht jedenfalls den diplomatischen Durchbruch bereits als persönlichen Erfolg aufgrund der von ihm aufgebauten Druckkulisse. „Ich hoffe, Ihr schreibt mir das gut“, erklärte er. Gleichzeitig ließen Berater Trumps fast entschuldigend in einem Telefon-Hintergrundgespräch mit Korrespondenten verlauten, der Präsident habe die Einladung auch deshalb angenommen, weil Kim der Einzige sei, der in dem totalitären System eine Entscheidung treffen könne. Gelingt dem US-Präsidenten eine Abrüstungsvereinbarung, so wäre dies sein bisher größter außenpolitischer Erfolg.

Auf Twitter hatte Trump versichert, der nordkoreanische Diktator habe gegenüber Südkorea über einen Abbau der Nuklearwaffen gesprochen – und „nicht nur ein Einfrieren“. Experten sehen aber den Atomwaffenbestand Kims auch als wichtigste „Lebensversicherung“ des Regimes. Grund zu großem Vertrauen dürfte das Weiße Haus nicht haben. Vorausgegangene „Einfrier“-Phasen, die Nordkorea mit den USA vereinbart hatte, waren mit Sanktionserleichterungen belohnt worden – doch die Diktatur arbeitete klammheimlich weiter am Nuklearwaffen-Programm. Insbesondere Bill Clinton machte bittere Erfahrungen mit der Unberechenbarkeit des Verhandlungspartners. Im Sender CNN verglichen Analysten das vereinbarte Treffen jetzt jedenfalls mit einem Schachduell auf der Weltbühne. „Kim hat seinen kühnen, dramatischen Zug gemacht“, so Nordkorea-Experte Will Rodgers, „und Trump muss darauf antworten.“

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