Trump trifft Juncker

Die Wende im Handelsstreit

von Redaktion

Washington/München – Der US-Präsident scheint es nicht so eilig zu haben. Als er am Nachmittag im Rosengarten des Weißen Hauses in Washington mit seinem Gast Jean-Claude Juncker vor die Presse tritt, begrüßt er erst einmal jeden anwesenden Senator einzeln. Es stehen bekanntlich bald Halbzeitwahlen in den USA an. Als Trump dann auch noch Bemerkungen über die Kollegen einstreut („Er liebt die Landwirte, genau wie ich“), kann sich Juncker ein Grinsen nicht mehr verkneifen. Trump mag gerade Weltpolitik machen. Aber die Wähler auf dem Land hat der Präsident immer fest im Blick.

Dabei wäre das, was hier gerade geschieht wahrlich wichtig genug. Trump und Juncker haben überraschend zu dieser Abschluss-Pressekonferenz nach ihrem Treffen geladen. „Wir hatten einen großen Tag“, sagt Trump schließlich, als er jeden begrüßt hat. „Es beginnt eine neue neue Phase zwischen den Vereinigten Staaten. Eine Phase der engen Partnerschaft, mit engen Handelsbeziehungen, in denen beide gewinnen werden. Wer die harte Rhetorik der vergangenen Wochen gehört hat, traut seinen Ohren nicht.

Juncker beginnt sein Statement mit einem von Trumps Lieblingswörtern. „Als ich ins Weiße Haus eingeladen wurde, kam ich mit einem Ziel: Ich wollte einen Deal machen.“ Trump, der Geschäftsmann liebt Deals. Und vielleicht war Juncker auch deshalb erfolgreich. Juncker erklärt sein Ziel, die Zölle auf Industriegüter auf Null zu senken. Die EU will künftig mehr Soja importieren. Man werde auch in Energiefragen künftig enger zusammenarbeit. Außerdem will die EU darauf hinarbeiten, mehr Flüssiggas einzuführen.

Eine solch weitreichende Annäherung war im Vorfeld keineswegs absehbar gewesen. Im Gegenteil: Noch am Nachmittag hatte sich der Chef der Welthandelsorganisation (WTO), Roberto Azevêdo, alarmiert von den zuletzt gestiegenen Tendenzen gezeigt, nationale Märkte durch Zölle abzuschotten. „Ich fürchte um den Handel, um Arbeitsplätze, Kaufkraft und Gehälter. Wenn wir diesen Weg weitergehen, werden wir in jedem Land eine Konjunkturabschwächung sehen“, warnte er. „Neue Hemmnisse bedrohen Wachstum, Arbeitsplätze und die Erholung der Weltwirtschaft.“ Politiker müssten erkennen, dass die Wurzel solcher Entwicklungen das Ersticken des Handels ist.

Trump hatte zuvor erneut mit zusätzlichen Importzöllen gedroht. „Zölle sind das Größte!“, schrieb er auf Twitter. Nur „faire Handelsabkommen“ seien eine Alternative. Auf dem Kurznachrichtendienst wehrte er sich gegen Kritik republikanischer Senatoren. „Jedes Mal, wenn ich einen schwachen Politiker sehe, der fordert, Handelsgespräche oder die Nutzung von Zöllen zu stoppen, um unfaire Zölle zu bekämpfen, frage ich mich, was sie denken? Sollen wir einfach so weitermachen und unsere Bauern und unser Land abzocken lassen?“, schrieb Trump. Man dürfe keine Schwäche zeigen.

Wer hat nun an diesem denkwürdigen Nachmittag im Weißen Haus Schwäche gezeigt. Man weiß es nicht. Aber Trump und Juncker senden ein starkes Signal.  mik/dpa

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