München – Im Dezember wollen die Vereinten Nationen ein Dokument unterzeichnen, das Regeln und Standards im Umgang mit Migranten auflistet. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Marian Wendt sieht den „Migrationspakt“ grundsätzlich positiv – fordert aber Ergänzungen und eine echte Debatte.
Herr Wendt, am Dienstag hat die Unionsfraktion im Bundestag über den „Migrationspakt“ diskutiert. Ihr Eindruck?
Zweigeteilt. In der Sache sind wir uns einig, dass es beim Thema Migration mehr internationale Regulierung und Steuerung braucht – auch bei Rückführungen. Kritik gibt es vor allem an der desaströsen Kommunikation. Im Auswärtigen Amt hat man die Brisanz des Themas völlig verschlafen. Seit Monaten wird dieses anfangs von fast allen Ländern der Welt erarbeitete Dokument von Rechtsaußen skandalisiert. Viel zu spät sind Regierungsvertreter in die Debatte eingestiegen. Wichtig ist auch: Es geht in diesem Papier nicht um Flüchtlinge, sondern um Migranten auf der Suche nach Arbeit oder einem besseren Leben.
Man hätte früher darüber sprechen müssen?
Absolut. Zumal bei der wichtigen Migrationsfrage, bei der wir in der Bevölkerung meiner Meinung nach keinen Kredit mehr haben. Nun ist bei manchen Menschen der Eindruck entstanden, da werde etwas hinter verschlossenen Türen zum Nachteil Deutschlands verhandelt.
Am 10. Dezember soll das Papier unterzeichnet werden. Was soll bis dahin noch passieren?
Im Bundestag wird es einen Antrag der Unionsfraktion geben, mit Forderungen an die Vertreter der Bundesregierung bei den Vereinten Nationen. Wir finden, es sollte im Protokoll des Pakts wie auch in unserem Antrag im Bundestag unmissverständlich klar gemacht werden, dass es sich beim Migrationspakt um eine Leitlinie handelt, nicht um einen verbindlichen Vertrag. Wir müssen auch ausschließen, dass das Ganze durch Gerichtsurteile doch Recht wird.
Was befürchten Sie denn?
Bisher kriegen etwa EU-Ausländer, wenn sie keine Arbeit finden, in den ersten fünf Jahren keine Grundleistungen des Sozialsystems. Das muss so bleiben. Ansonsten aber gilt: Die allermeisten der in diesem UN-Papier genannten Standards erfüllt Deutschland schon.
Trotzdem: Warum unterzeichnet man einen Vertrag, von dem man hofft, er möge niemals juristisch verbindlich werden?
Das klingt nur zunächst komisch. Denn dieses Dokument legt richtigerweise fest, wie man international besser mit Migration umgehen kann. Wenn sich alle daran halten würden, wäre es sogar gut, wenn dieser Vertrag völkerrechtlich bindend würde. Dann müssten afrikanische Staaten etwa bei der Rücknahme von Migranten ohne Bleiberecht kooperieren und ihre Staatsbürger automatisch zurücknehmen.
Aber?
Mir fehlt der Glaube. Und ich möchte nicht, dass Deutschland neue Anreize für Migranten schafft, weil wir als eines der wenigen Länder auf der Welt dieses Dokument über das „Soft Law“ umsetzen. Deshalb die nötige Klarstellung – im Protokoll zum Pakt und im Parlamentsantrag.
Was ist mit Vorwürfen, das Papier lade Millionen nach Deutschland ein?
Das stimmt nicht. Migrationspolitik bleibt natürlich Sache der Nationalstaaten. Es geht nicht darum, dass 250 Millionen Menschen nach Deutschland kommen sollen. Ich rate jedem, sich dieses auch in deutscher Übersetzung im Internet verfügbares Dokument mal in Ruhe durchzulesen. Auch wenn Länder wie Ungarn, Österreich oder Polen nun aussteigen oder das prüfen: Diese Vereinbarung bleibt sinnvoll.
Interview: Maximilian Heim