Protest in Gelb

von Redaktion

280 000 Menschen demonstrieren in Frankreich gegen Steuererhöhungen – Demonstrantin stirbt bei Unfall

Paris – Massendemonstrationen und Straßenblockaden haben am Samstag in Frankreich stellenweise den Verkehr lahmgelegt. Die Proteste richteten sich gegen geplante Steuererhöhungen auf Benzin und Diesel, richteten sich aber auch gegen die Reformpolitik von Präsident Emmanuel Macron, der ohnehin mit schwachen Beliebtheitswerten kämpft.

Knapp 288 000 Menschen beteiligten sich nach Angaben von Innenminister Christophe Castaner an landesweit 2000 Protestaktionen. Sie blockierten wichtige Verkehrsachsen, Autobahnabschnitte und Kreisverkehre.

Eine Autofahrerin geriet nördlich von Grenoble in Panik, als Protest-Teilnehmer an einer Straßensperre auf ihr Auto trommelten. Sie gab Gas und überfuhr eine Demonstrantin, die kurz darauf an den Folgen ihrer Verletzungen starb. Insgesamt wurden 409 Menschen verletzt, 14 von ihnen schwer, wie Castaner am Sonntag sagte.

Der Protest hatte sich unter dem Namen „Gilets Jaunes“ (dt.: gelbe Westen) formiert – in Anspielung auf die Warnwesten, die auch in Frankreich jeder Autofahrer dabei haben muss. Auch am Sonntag gab es Blockaden. Im Netz wurde zu weiteren Protesttagen aufgerufen.

Am Samstag ging es auf ganzen Autobahnabschnitten über Stunden kaum voran, weil die Demonstranten immer nur einzelne Fahrzeuge durchließen. Auf dem Autobahnring um Paris kam es zu Behinderungen. Auch auf der Champs-Élysées stockte am Nachmittag der Verkehr massiv. Die Lage drohte zu eskalieren, als Demonstranten am Abend versuchten, zum Elyséepalast zu gelangen, Macrons Amtssitz. Die Polizei setzte Tränengas ein. Auch an einer Blockade vor dem Mont-Blanc-Tunnel griffen Sicherheitskräfte zu diesem Mittel. An manchen Mautstellen sorgten die „Gilets Jaunes“ für kostenlose Fahrt.

Die Proteste waren aus Internetgruppen heraus entstanden. Auslöser waren die Spritpreise. Seit Jahresbeginn sind die Steuern für Diesel nach früheren Angaben der französischen Nachrichtenagentur AFP bereits um 7,6 Cent pro Liter gestiegen, für Benzin um 3,9 Cent. Eine weitere Anhebung ist für 2019 geplant. Ein Liter Super kostete laut der Tageszeitung „Libération“ im November in Frankreich durchschnittlich 1,53 Euro, Diesel 1,51 Euro.

Schon im Sommer gab es Proteste gegen ein neu eingeführtes Tempolimit auf Landstraßen: Statt 90 Kilometer pro Stunde sind seitdem nur noch 80 erlaubt. Auf den Straßen brach sich aber auch die Unzufriedenheit über die eigene finanzielle Situation Bahn. Oft war die Forderung nach einem höheren Mindestlohn zu hören. Überall im Land forderten Demonstranten Macrons Rücktritt.

Der Staatschef, der am Sonntag im Bundestag eine Rede anlässlich des Volkstrauertags hielt, hatte im Vorfeld in einem TV-Interview versichert, dass er den Ärger der „Gilet Jaunes“ verstehen wolle. Er warnte aber auch vor widersprüchlichen Forderungen nach mehr öffentlichen Jobs einerseits und weniger Steuern andererseits. Am Wochenende äußerte er sich nicht zu den Protesten. » KOMMENTAR

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