Merkels Europawahlkampf

Ein heißer Sommer für die Union

von Redaktion

CHRISTIAN DEUTSCHLÄNDER

Ein bisschen rätselhaft ist diese CDU ja schon. Als Angela Merkel im Wahlkampf 2017 wegen ihrer misslungenen Flüchtlingspolitik auf deutschen Marktplätzen ausgepfiffen wurde, zog sie unverdrossen von Stadt zu Stadt und tat, als würde sie’s nicht hören. Im Wahlkampf 2019 steht die deutsche Europapolitik im Mittelpunkt, wo Merkel außerordentliche Verdienste hat – doch die Kanzlerin absolviert fast keinen öffentlichen Auftritt.

Das klingt sonderbar, hat seinen Grund aber in der neuen Konstellation. Merkel hat ihr Diktum, CDU-Vorsitz und Kanzlerschaft gehörten untrennbar zusammen, ja nicht durch eigene Erkenntnis aufgegeben, sondern auf mittelsanften Druck aus der Partei. Wer sie als Parteivorsitzende nicht dulden mag, darf ihr nun auch keine Purzelbäume in Wahlkämpfen abverlangen. So groß ist die Not auch nicht: Die neue CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer nutzt ihre Spielräume bisher klug, um sich von Merkel abzusetzen. Sie ist ein Gewinn auf der Bühne. Und: Merkel lässt ihr diesen Raum sehr bewusst.

Heikler als die Europawahl wird für die CDU ohnehin die Phase rund um die Landtagswahlen am 1. September in Brandenburg und Sachsen. In diesen Regionen hat die CDU einen Merkel-Malus. In den Hinterzimmern berät die Union längst darüber, ob es hilfreich wäre, mit einer Kanzlerin AKK in diese Wahlen zu gehen; oder schädlich, weil sie dann gleich für drohende Wahlschlappen verantwortlich wäre. All das kollidiert mit Merkels Anspruch, ihren Rückzug selbst zu bestimmen. Allen Friedens- und Schweigegelübden aus CDU und CSU zum Trotz: Die Union steht vor einem heißen Sommer.

Christian.Deutschlaender@ovb.net

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