Berlin/München – ZDF-Moderatorin Bettina Schausten hat die Frage noch gar nicht ganz beendet, da schießt ihr schon die Antwort der Kanzlerin entgegen. „Nein“, sagt Angela Merkel. Für eine nächste Kanzlerkandidatur stehe sie nicht zur Verfügung. „Nein, wirklich nicht.“ Sie bleibe also bei ihrer Entscheidung, fragt Schausten noch einmal. „Ganz fest“, sagt Merkel in einem Tonfall, fast als könne sie den Rückzug ins Private kaum noch erwarten.
Neu ist daran eigentlich nichts. Bereits im Oktober 2018 hatte Merkel angekündigt, dass sie keine fünfte Amtszeit anstrebt. Und doch stand zuletzt plötzlich wieder die Frage im Raum, ob das überhaupt noch gilt. Corona hat schließlich fast alles verändert.
Angeheizt hatte die Spekulationen Horst Seehofer. Ausgerechnet, könnte man sagen. Spätestens nachdem er Merkel bei einem Parteitag im Jahr 2015 auf offener Bühne minutenlang stehen ließ, galt der ehemalige CSU-Chef lange als einer der größten Rivalen der Kanzlerin. Zuletzt aber lobte Seehofer – inzwischen Bundesinnenminister – Merkel beinahe überschwänglich für ihren Kurs in der Krise. Dass sie als Kanzlerin noch eine Periode dranhängen könnte, sei ein Gedanke, den er zuletzt öfter gehört habe, raunte Seehofer Anfang Mai.
Dass die Kanzlerin dem nun eine deutliche Absage erteilt hat, dürfte in der Union für gemischte Gefühle sorgen. Der Amtsbonus und Merkels aktuell sehr gute Beliebtheitswerte könnten in einem absehbar schwierigen Wahlkampf bitter fehlen, fürchten manche. Andere scharren bereits mit den Hufen. NRW-Ministerpräsident Armin Laschet und Friedrich Merz – der Stehauf-Hoffnungsträger vieler Konservativer in der Union – würden Merkel nur zu gerne als Kanzlerkandidat beerben. Auch CSU-Chef Markus Söder – in der Corona-Krise gerade im Umfragen-Himmel – weist Ambitionen zuletzt nicht mehr so deutlich von sich.
Deshalb tut es jetzt sicherheitshalber Friedrich Merz für ihn. „Ich sehe Markus Söder nicht als einen Konkurrenten um die Kanzlerkandidatur“, zitiert die FAZ den Politik-Rückkehrer. Söder habe schließlich schon längst klargestellt, dass er in Bayern bleiben wolle. Und: „Wir haben in der Union eine klare Reihenfolge festgelegt. Erst wählt die CDU ihren Vorsitzenden, danach entscheiden CDU und CSU, wer der gemeinsame Kanzlerkandidat wird“, sagt Merz.
Söder hingegen sieht die Zukunft offener. „Wer weiß, was bis dahin noch alles passiert“, hat der bayerische Ministerpräsident jüngst gesagt. Und: „Die Krise zeigt, wem die Deutschen in schwierigen Zeiten vertrauen.“ Nämlich Angela Merkel – und ihm selbst. In den Beliebtheitsumfragen liegt Söder bundesweit auf Platz zwei. Bei den Unions-Anwärtern auf die Kanzlerkandidatur im Bundestagswahljahr 2021 steht er sogar an der Spitze.
Zurück im ZDF-Interview mit der Kanzlerin. Moderatorin Schausten bittet Merkel, von ihr vorgegebene Sätze zu vervollständigen. Das klappt nur bedingt. Meistens hängt die Kanzlerin einfach längere Erklärungen dran. Doch in einer Frage hält sie sich an die Einschränkung. „Dass Markus Söder inzwischen von vielen als Kanzlerkandidat gesehen wird …“, beginnt Schausten – „… lese ich in der Zeitung“, beendet Merkel den Satz. Mehr sagt sie nicht. SEBASTIAN HORSCH