Man kann sicher angenehmer reisen, als es der chinesische Außenminister Wang Yi gerade tut. Das Verhältnis der Chinesen, die inzwischen bestreiten, dass das Coronavirus in ihrem Land den Ausgang nahm, und dem Westen hat sich seit Ausbruch der Pandemie deutlich verschlechtert. Das liegt auch, aber keineswegs allein an Covid-19. Die Liste der Streitpunkte wächst stetig: Menschenrechte, Hongkong, Taiwan, Uiguren, Huawei.
Wenn Wang Yi wirklich nach Europa gekommen sein sollte, um die Europäer im Handelskrieg mit den USA auf seine Seite zu ziehen, dann hat er dieses Anliegen gut versteckt. Mehrfach sorgte er auf seinen Stationen für Verärgerung. Außenminister Heiko Maas wurde beim hoch umstrittenen Sicherheitsgesetz von Hongkong – zu Recht – ungewohnt deutlich. Der Gast entgegnete kühl, es handle sich um „innere Angelegenheiten“ Chinas.
Mit den USA und China entwickeln sich derzeit gleich zwei zentrale Handelspartner zu immer unsicheren Kantonisten. Umso wichtiger wäre es, würde die EU gegenüber beiden möglichst geschlossen auftreten. Gerade jetzt, da sich im Handelsstreit die Augen beider auf Brüssel richten. Europa mag jeweils der deutlich kleinere Partner sein – ganz machtlos sind wir nicht. Gut, dass sich diese Erkenntnis langsam herumzusprechen scheint.
Mike.Schier@ovb.net