Berlin – NRW-Ministerpräsident Armin Laschet stößt mit seiner Forderung nach einem schnellen und harten „Brücken-Lockdown“ auf starke Skepsis. Zahlreiche Länderregierungschefs vor allem der SPD kritisierten, dass unklar ist, wie dieser Lockdown konkret aussehen soll. Daher gab es auch kaum Unterstützung für Laschets Vorstoß, die für kommenden Montag geplante Ministerpräsidentenkonferenz auf diese Woche vorzuziehen.
Laschet will im Kampf gegen die dritte Corona-Welle mit einem „Brücken-Lockdown“ die Zeit überbrücken, bis viele Menschen geimpft sind. Am Dienstagmorgen erläuterte er im ZDF, es sei absehbar, „dass schon in ganz kurzer Zeit 20 Prozent, danach 30, 40 Prozent der deutschen Bevölkerung geimpft ist“. Nun solle mit einer nochmaligen „Kraftanstrengung“ die Sieben-Tage-Inzidenz auf unter 100 gedrückt werden. „Da geht es um zwei, drei Wochen.“ Dann könne man mit einer guten Teststrategie und mit neuen digitalen Möglichkeiten wie der Luca-App „hineingehen in die neue Zeit, wo man behutsam wieder öffnen kann“.
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) meldete „erhebliche Zweifel“ an. Der Vorschlag lasse viele Fragen offen. „Will Ministerpräsident Laschet die Kitas komplett samt Notbetreuung schließen? Will er die Wirtschaft ganz herunterfahren? Wie lange und mit welchem konkreten Ziel sollen die Maßnahmen andauern?“ Ähnlich fiel die Reaktion von Berlins Regierungschef Michael Müller (SPD) aus, derzeit Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz: Zu viel bleibe im Vagen.
Ein Vorziehen der Bund-Länder-Beratungen wurde auch in den Reihen der Union abgelehnt. Überhaupt warfen sich für den CDU-Chef nur wenige Parteifreunde ins Zeug. Sein Vize Thomas Strobl aus Baden-Württemberg etwa: „Jetzt ist bundesweit schnelles und konsequentes Handeln notwendig. Jeder Tag, an dem nicht gehandelt wird, ist ein verlorener Tag.“ Der Chef der Unionsfraktion, Ralph Brinkhaus, mahnte: „Bis der Anteil der Geimpften in der Bevölkerung hoch genug ist, müssen wir für einen klar begrenzten Zeitraum mit einem Brücken-Lockdown die Gesundheit schützen und die Infektionen eindämmen.“ Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sagte, Impfen und Testen alleine würden die dritte Welle nicht brechen. Man müsse private Kontakte, Schulen und Kitas sowie den Arbeitsalltag in den Blick nehmen.
Besonders unanagenehm für Laschet: das Schweigen der Unions-Ministerpräsidenten am Dienstag. Zunächst äußerten nur Volker Bouffier (Hessen) und Michael Kretschmer (Sachsen) Zustimmung. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) wartete bis zum Abend, ehe er sich erfreut zeigte, dass er selbst, Kanzlerin Angela Merkel und Laschet nun endlich eine gemeinsame Linie vertreten würden. Zunächst gelte es aber, die Notbremse überall einzuhalten.
FDP-Generalsekretär Volker Wissing konterte: „Mehr als ein Jahr Corona und der Lockdown bleibt das einzige Konzept. Das ist schon etwas peinlich für ein modernes Land.“ Die AfD-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Alice Weidel, erklärte, ein Brücken-Lockdown sei ein „unausgegorener und undurchdachter Etikettenschwindel“.
Das Saarland begann am Dienstag trotz steigender Infektionszahlen mit einem Ausstieg aus dem Lockdown. Kinos, Theater, Konzerthäuser und Fitnessstudios durften öffnen, ebenso die Außengastronomie. Allerdings herrschten nur ein paar Grad über null und eisiger Wind.
Die Öffnungen im Saarland gelten vorerst bis 18. April und in dieser Form nur, solange die Sieben-Tage-Inzidenz stabil unter 100 liegt. Die Stadt Tübingen setzt ihr Modellprojekt nur noch eingeschränkt fort. Die Außengastronomie muss schließen, Einzelhandel und Kultur öffnen weiterhin mit tagesaktuellen Schnelltests. Auswärtige bleiben ausgeschlossen.