Die Union in der Opposition

Bellen und Zetern reicht nicht

von Redaktion

CHRISTIAN DEUTSCHLÄNDER

„Opposition ist Mist“, schimpfte Genosse Franz Müntefering vor Jahrzehnten mal, und in der Union fühlen es ihm aktuell viele nach. Der Verlust aller Regierungsämter, von der Macht zur Ohnmacht, schmerzt. Trotzdem ist diese Opposition so wichtig wie lange nicht mehr. Die Union muss sich bewusst ihre Rolle darin suchen.

Gegen die Ampel sind CDU und CSU bis 2025 die einzige nicht-extreme Kraft im Bundestag. Manches scheint der Union schnell in den Schoß zu fallen. Der Koalitionsvertrag ist noch nicht mal unterschrieben, da zeichnet sich ab: Erhebliche Teile im Land sehen die geplante Migrationspolitik skeptisch. Noch schneller wächst das Sorgen-Potenzial von Gering- und Normalverdienern über steigende Sprit- und Heizkosten. Die Verlockung ist groß, mit Haudrauf-Rhetorik Zorn zu schüren. Wohin aber werden Wähler wandern, die sich plötzlich erinnern, wie das mit der Migration 2015 unter Merkel war, und welche Regierung die CO2-Bepreisung eingeleitet hatte?

Unions-Opposition muss laut und konstruktiv sein, nicht schrill und destruktiv. Für Gezeter oder Ideologie genügen die Ränder. Der Corona-Streit mit Stillstand und Schuldzuweisungen war kein verlockender Beginn. Der erste Versuch aus Bayern, einen „ampelfreien Süden“ auszurufen, als regierten im Rest der Republik Kommunisten und Menschenfresser, verfängt auch noch nicht. Die Union muss mit frischen Inhalten und einigen neuen Köpfen bis 2025 den Menschen den Eindruck vermitteln: Wir haben was gelernt nach der schmerzlichen Abwahl, wir machen es künftig besser. Das, und nicht das Ampel-madig-Bellen, ist die hohe Kunst in der Opposition.

Christian.Deutschlaender@ovb.net

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