Brüssel – Die 27 EU-Mitgliedstaaten haben ein neuntes Paket mit Russland-Sanktionen auf den Weg gebracht. Am Rande des EU-Gipfels in Brüssel billigte der Ausschuss der ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten am Donnerstagabend einstimmig Pläne, die neue Strafmaßnahmen gegen russische Banken und zusätzliche Handelsbeschränkungen vorsehen. Dies bestätigten mehrere Diplomaten.
Zuvor war ein tagelanger Streit über mögliche Nebenwirkungen von Sanktionen beigelegt worden. Deutschland, Frankreich und die Niederlande hatten gefordert, im Zuge des neuen Pakets einige Regeln zu ändern, um Beeinträchtigungen des Handels mit Agrarprodukten und Düngemitteln zu vermeiden. Polen und Litauen argumentierten, Berichte über angeblich durch Sanktionen verhinderte Agrarexporte seien „russische Propaganda“ mit dem Ziel, EU-Sanktionen abzuschwächen. Beide Seiten akzeptierten nun einen Kompromiss, der laut Diplomaten die Nahrungsmittelsicherheit garantiert.
Neben Handels- und Finanzsanktionen umfasst das neunte Paket eine Liste mit fast 200 Personen und Einrichtungen. Gegen sie werden Vermögenssperren und Einreiseverbote verhängt. Schon jetzt hat die EU mehr als 1200 Einzelpersonen und 118 Organisationen sanktioniert. Die Liste mit den neuen Namen soll in Kürze veröffentlicht. Nach früheren Angaben sollen etwa die russische Armee, einzelne Offiziere, Abgeordnete der Staatsduma und Gouverneure darunter sein.
Mit dem Paket soll auch der Zugang Moskaus zu Drohnen und anderen unbemannten Luftfahrzeugen abgeschnitten werden. Vier TV-Sendern wird wegen Verbreitung von Kriegspropaganda die Sendeerlaubnis entzogen.
Für einen Aufreger und viel Kopfschütteln sorgte Polen, das kurzzeitig die Freigabe der 18 Milliarden Euro Ukraine-Hilfe blockierte. Ministerpräsident Mateusz Morawiecki warf der EU plötzlich „Erpressung“ vor und kritisierte, dass die Gelder für Kiew mit Themen wie der globalen Mindeststeuer verknüpft worden waren. Nach einem Appell des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj lenkte Morawiecki ein.