Cannabis: Grünes Licht und viel Kritik

von Redaktion

VON LEONIE HUDELMAIER

München/Berlin – Eigentlich ist es ein Projekt von ganzen acht Ressorts. Doch vor die Presse tritt nur Karl Lauterbach (SPD). Er spricht von einer „Wende in der deutschen Drogenpolitik“. Doch die klare Botschaft hinter der Ein-Mann-Pressekonferenz des Gesundheitsministers ist: Bitte beachten Sie die Risiken und Nebenwirkungen. Deswegen posiert der Gesundheitsminister auch gleich noch vor einer Werbeanzeige seines Ministeriums, die sich explizit an junge Menschen richtet. Mit Sprüchen wie „Legal, aber kein Bock auf Panik-attacke“ soll die Kampagne schon jetzt über die gesundheitlichen Gefahren des Cannabis-Konsums aufklären.

Mit dem am Mittwoch beschlossenen Gesetzentwurf rückt eine Teillegalisierung von Cannabis immer näher. Es scheint, als zieht die Ampel seit Langem mal wieder an einem, nun ja, Strang. Konkret heißt das: Cannabis soll im Betäubungsmittelgesetz von der Liste der verbotenen Substanzen gestrichen werden. Ab 18 Jahren sollen 25 Gramm erlaubt sein, ebenso wie drei Cannabis-Pflanzen im Eigenanbau. In sogenannten Cannabis-Clubs (max. 500 Mitglieder) darf die Droge angebaut und abgegeben (max. 50 Gramm im Monat) werden. Für Autofahrer strebt Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) einen Grenzwert ähnlich wie bei der Promille-Grenze beim Alkoholkonsum an. Gleichzeitig soll auf Präventions-, und Aufklärungsarbeit vor allem bei den unter 25-Jährigen gesetzt werden.

Lauterbach will mit dem „Konzept der kontrollierten Legalisierung“ vor allem drei Probleme angehen: die zunehmende Drogen-Kriminalität, den großen Schwarzmarkt und den steigenden Cannabis-Konsum. Letzteres betreffe auch junge Menschen, ohne dass die Politik bisher eine Antwort dafür gefunden habe. „Das gilt für alle Bundesländer – auch insbesondere für Bayern“, stichelt Lauterbach.

Wohl auch eine Reaktion auf die laute Kritik aus dem Freistaat. „Das ,Cannabis für alle’-Gesetz der Arroganz-Ampel ist absolut verantwortungslos und ein Anschlag auf den Jugend- und Gesundheitsschutz in Deutschland“, wettert CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) fordert gleich den Chef persönlich auf, die Pläne zu verhindern. „Wenn Lauterbach immer noch nicht zur Vernunft kommt, muss Bundeskanzler Scholz die Notbremse ziehen und den aberwitzigen Legalisierungs-Kurs stoppen“, sagt er. Und die Gewerkschaft der Polizei Bayern warnt vor einer „voreiligen Umsetzung“ und „einer erheblichen Mehrbelastung“.

Auch die CDU ist sich einig. Generalsekretär Carsten Linnemann nennt das Gesetz „einen schweren Fehler“ und „medizinisch nicht verantwortbar“. Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) warnt vor einem „kompletten Kontrollverlust“.

Währenddessen finden andere den Entwurf noch immer zu streng. Der Deutsche Hanfverband kritisiert, dass die Abstandsregel für den Konsum „nicht einhaltbar“ seien und drei Pflanzen für den Eigenanbau seien „zu wenig“. Zudem sei die „Androhung von Strafen und Bußgeldern bei kleinen Überschreitungen der ohnehin willkürlichen Grenzen völlig übertrieben“.

Kritikpunkte, die auch von der FDP kommen. Der Moment, in dem die Ampel geeint schien, hielt am Mittwoch nur kurz an. „Durch viele kleinteilige Regularien entsteht ein unkontrollierbares Bürokratiemonster“, sagt Kristine Lütke, die sucht- und drogenpolitische Sprecherin der FDP. Das Gesetz müsse noch einmal grundlegend überarbeitet werden, fordert Lütke. Nach der Sommerpause beginnen die Beratungen im Bundestag und Bundesrat. Lauterbachs Zeitplan sieht vor, dass das Gesetz am 1. Januar 2024 in Kraft tritt.

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