Der Klima-Gipfel beim Öl-Sultan

von Redaktion

VON LARISSA SCHWEDES UND KLAUS RIMPEL

Dubai – Der Durchbruch im Kampf gegen die Erd-Erwärmung soll ausgerechnet dort passieren, wo sie maßgeblich angefacht wird: Die Vereinigten Arabischen Emirate zählen zu den größten Ölproduzenten der Welt – und sind gleichzeitig in diesem Jahr Ausrichter der UN-Weltklimakonferenz in Dubai. Der Chef des staatlichen Ölkonzerns Adnoc ist sogar offiziell Gastgeber des Treffens. „Das ist so, als ob das Umweltbundesamt vom Chef von VW geleitet würde“, beschrieb es der deutsche Greenpeace-Chef Martin Kaiser.

Wo Klimakonferenzen stattfinden, hat jedoch nichts mit der Klimabilanz zu tun: Ausschlaggebend ist, dass ein Land den riesigen Gipfel mit zehntausenden Delegierten logistisch und finanziell stemmen könne, wie es von den Vereinten Nationen heißt. Darüber hinaus wechseln sich die großen Weltregionen ab. Das Angebot der Emirate, die COP28 (30. November bis 12. Dezember) auszurichten und zu leiten, wurde laut UN im Konsens angenommen.

Doch genau das könnte den Erfolg des Treffens behindern. Denn um eine Chance zu haben, die im Pariser Klimaschutzabkommen festgehaltenen Ziele auch nur annähernd im Rahmen des Greifbaren zu halten, muss sich die Welt schnellstmöglich von der Nutzung aller fossiler Energieträger wie Öl, Gas und Kohle verabschieden. „Das wird aber bei der Klimakonferenz mit dieser Präsidentschaft schwierig“, hält Klima-Expertin Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) fest. „Insofern sehe ich die nächste Klimakonferenz unter ganz, ganz schlechten Vorzeichen und habe wenig Erwartungen, dass wirklich was kommt. Das liegt in erster Linie an der Präsidentschaft und an diesem Präsidenten, der alles verhindern wird, was eigentlich notwendig ist“, sagt sie.

Tatsächlich ließ Sultan Ahmed al-Dschaber bereits durchblicken, worauf seine Hoffnungen bei der Bekämpfung der Klimakrise ruhen: Er will im großen Stil auf Technologien wie CO2-Speicherung und -Abscheidung setzen, die allerdings extrem teuer und technisch unausgereift sind. Ob sie wirklich je eine entscheidende Rolle übernehmen, ist zweifelhaft.

Daheim investiert Adnoc weiter ungebremst in fossile Projekte: „Während Adnoc-Konzernchef Sultan Ahmed al-Dschaber den Ende November beginnenden Weltklimagipfel in Dubai leiten wird, befindet sich sein Unternehmen auf direktem Kollisionskurs mit dem 1,5-Grad-Ziel“, schreibt die Naturschutzorganisation Urgewald, die mit weiteren NGO-Partnern dazu eine Datenauswertung veröffentlicht hat. Erst vor Kurzem habe Adnoc eine endgültige Investitionsentscheidung für ein riesiges Gasprojekt namens „Hail & Ghasha“ bekannt gegeben. Das Projekt solle im Marawah-Biosphärenreservat entstehen, das viele gefährdete Arten beherbergt, das größte Meeresschutzgebiet im Golf.

Auch Enthüllungen der BBC wecken Zweifel an der Alles-prima-Darstellung: Dokumente, die dem Sender zugespielt wurden, zeigen, dass die Emirate Öl- und Gas-Geschäfte bei einem Gipfel anbahnen, bei dem es eigentlich um den Ausstieg aus den fossilen Energien geht. Demnach soll Al-Dschaber in den vergangenen Monaten Treffen mit internationalen Regierungs- und Wirtschaftsvertretern aus 13 Staaten, darunter auch Deutschland, organisiert haben, um die Öl-Interessen seines Landes vor der Konferenz zu festigen.

Artikel 2 von 11