Schröder: „Habe nächtelang nicht geschlafen“

von Redaktion

Gerhard Schröder bei der Vertrauensfrage 2005. © dpa

München – Auch die letzte Vertrauensfrage, die ein deutscher Kanzler stellte, hatte das Ziel, sie zu verlieren: Gerhard Schröder sah nach den vernichtenden Wahlniederlagen in den einstigen SPD-Hochburgen Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen keinen anderen Ausweg mehr aus der Vertrauenskrise seiner rot-grünen Bundesregierung. „Entweder wir werden unter dem Sattel blutig geritten, oder wir machen einen Befreiungsschlag“, sagt Schröder jetzt der „SZ“.

Der große Unterschied zwischen Schröder 2005 und Scholz heute: Der aktuelle SPD-Kanzler hat nach dem Ausstieg der FDP aus der Ampel keine Mehrheit mehr, Schröder hingegen hatte zwar die Mehrheit, wollte aber nicht mehr weiterregieren. Schröder stellte diese „unechte Vertrauensfrage“, um Neuwahlen herbeizuführen und so nicht nur neue Legitimität vom Wähler für seine Agenda-2020-Reformen zu bekommen, sondern vor allem die eigene Partei zu disziplinieren. Denn in der SPD wollten viele Genossen dem wirtschaftsliberalen Schröder-Kurs nicht mehr folgen. „Entweder hopp oder top, sonst wären ständig Situationen gekommen, in denen ich als Regierungschef eigentlich nur schlecht hätte aussehen können“, erinnert sich Schröder. „Das war mein Ding nicht.“

Schröder musste anders als Scholz heute fürchten, dass der Bundespräsident seinen Trick, so vorzeitig Neuwahlen herbeizuführen, nicht akzeptieren würde und den Bundestag nicht auflöst. Für Schröder wäre das „die doppelte Blamage“ gewesen. „Ich habe wirklich nächtelang nicht geschlafen, so schwierig war das.“

Der Vertrauensfrage-Trick war damals so umstritten, dass mehrere Abgeordnete das Verfassungsgericht anriefen. Das billigte zwar Schröders Schritt – aber es gab keine einheitliche Meinung unter den höchsten Richtern.
KLAUS RIMPEL

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