Tel Aviv/Gaza – Eine Einnahme des gesamten Gazastreifens durch die israelische Armee könnte offenbar rund ein halbes Jahr dauern. Israelische Medien berichteten, dies seien Schätzungen vor einer möglichen Entscheidung des israelischen Sicherheitskabinetts über einen entsprechenden Plan am gestrigen Abend.
Israel kontrolliert derzeit rund drei Viertel des weitgehend zerstörten Küstenstreifens, in dem rund zwei Millionen Menschen leben. Nachdem Verhandlungen um eine neue Waffenruhe und die Freilassung der verbliebenen Geiseln gescheitert waren, neigt Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu zur vollständigen Einnahme des Gazastreifens. „Das ist unsere Absicht“, sagte er dem US-Sender Fox News. Israel wolle das Gebiet aber nicht dauerhaft besetzen, sondern es von der Hamas befreien, um es schließlich an andere Kräfte zu übergeben.
Die Armeeführung und die Opposition warnen allerdings vor einem solchen Schritt. Eine Eroberung der Stadt Gaza sowie der Flüchtlingsviertel im zentralen Abschnitt des Küstenstreifens könnte für die Armee verlustreich sein, das Leben der Geiseln gefährden sowie die verzweifelte Lage der palästinensischen Zivilbevölkerung weiter verschlimmern, sagen Kritiker. Generalstabschef Ejal Zamir spricht sich Berichten zufolge dafür aus, verbliebene Viertel der Gebiete im Gazastreifen stattdessen mit einer Blockade zu belegen und mit Razzien und Luftangriffen gegen die verbliebenen Terroristen vorzugehen. Zahlreiche Menschen demonstrierten gestern Abend in Jerusalem und Tel Aviv sowie weiteren israelischen Städten gegen eine Ausweitung der Kämpfe.
Noch während der bis Redaktionsschluss noch nicht beendeten Beratungen über eine Ausweitung des Gaza-Kriegs hat die israelische Armee einen Räumungsaufruf für zwei Viertel in der Stadt Gaza veröffentlicht. Ein Militärsprecher forderte in arabischer Sprache die Einwohner der Altstadtviertel Daradsch und Tuffah dazu auf, sich sofort in Richtung Süden in die humanitäre Zone in Al-Mawasi zu begeben.