Auf kalten Füßen zum Konzert-Glück

von Redaktion

Ein Besuch bei den Menschen, die stundenlang fürs Sommerfestival anstehen

Rosenheim – 5.30 Uhr morgens. Fünf Grad minus zeigt das Autothermometer beim Einbiegen ins Parkhaus an der Frühlingstraße. Und ehrlich: bei fünf Grad minus kommt einem 5.30 Uhr ziemlich früh vor. Ziemlich arg früh sogar. Doreen Zarnikow hingegen kann über solches „Warmduscher-Denken“ wahrscheinlich nur lachen. Sie steht nämlich schon seit kurz vor Mitternacht am Eingang des OVB-Medienhauses in der Hafnerstraße – um als Erste Karten für das Rosenheimer Sommerfestival zu ergattern.

Klappstuhl
mitgebracht

Das heißt: Stehen tut sie nicht wirklich. Denn als alter Hase unter denen, die auf den Beginn des Kartenverkaufs für das Sommerfestival warten, hat sie sich natürlich einen Klappstuhl mitgebracht. Und Glühwein. Wobei sie mit ihrer Ausrüstung noch am unteren Ende der „Frühwarter“ rangiert. Andere haben noch Wärmflaschen dabei, dazu heißes Wasser in Thermoskannen zum Nachfüllen, Glühwein und Tee sowieso, dazu in den Schuhen Einlegesohlen und sind eingemummelt in Schlafsäcke und Decken.

So weit so gut. Was aber macht man geschlagene acht Stunden, die man warten muss, bis sich die Tür öffnet und die Karten winken? „Ratschen“, sagt Doreen Zarnikow. Denn man bleibe ja nicht lang allein. Spätestens um 1.30 Uhr sei schon eine Gruppe von fünf, zehn Leuten zusammen. Man kenne sich, denn „die Verrückten, die so früh warten, sind meist dieselben“. Und wenn nicht, wär’s auch egal, „denn natürlich kommt man in der Situation sofort ins Gespräch“.

Aber acht Stunden lang ratschen? „Man macht auch mal ein Nickerchen“, sagt Alexander Nißle, ebenfalls einer der ganz frühen, „denn fast alle von uns haben ja anschließend noch einen normalen Arbeitstag vor sich“. Ab etwa 4 Uhr sei dann auch richtig was los. Dann beginne sich die Hafnerstraße zu füllen „und man geht dann auch mal die Schlange ab, um sich die Beine zu vertreten und wieder ein bisschen warm zu werden“.

Diese Schlange reicht gegen 7 Uhr schon bis in den Christkindlmarkt auf dem Max-Josefs-Platz hinein und als ihr vorläufiges Ende stehen da Norbert Kellner und Peter Schulz. Sie sind mit ihrem Platz ganz zufrieden, denn „letztes Jahr standen wir um die Zeit noch fünfzig Meter weiter hinten und haben trotzdem noch eine Karte bekommen“.

Außerdem gäbe es, wenn alle Stricke reißen würden, ja immer noch den Online-Verkauf, wenn die beiden sich darauf auch lieber nicht von vornherein verlassen möchten, denn die Nachfrage sei mittlerweile so groß, dass einfach immer wieder das Netz zusammenbreche. Dann schon lieber stehen, denn Pässe möchten sie unbedingt: Das Sommerfestival sei einfach ein wunderschönes und dabei friedliches Fest – „des is Bayern, so wia i’s mog“, sagt Norbert Kellner.

Auf einer
Wellenlänge

Ähnlich begeistert sind Fritz Reisach, Andi Wild, Markus Rossmair und Michael Neuberger. Sie kannten sich vorher nicht, haben sich in der Schlange getroffen, sind aber sofort ins Gespräch gekommen. Und was das Festival anbelangt sowieso auf einer Wellenlänge. Sie würden, so meinten sie einhellig, sogar hingehen, wenn vorher gar nicht bekannt wäre, wer auftritt: „Wenn einem einer nicht gefällt, dann kann man ja immer noch von der Bühne weggehen und ratschen.“

Das sei aber eigentlich nie der Fall, dafür die gute Stimmung garantiert, „das Festival alles in allem eine geniale Erfindung für Rosenheim“, wie Michael Neuberger meint. Und Markus Rossmair ergänzt: „Bei einem wirklich unschlagbaren Preis-Leistungs-Verhältnis“.

Nutzen und „Kosten“ haben die vier auch gut abgewogen bei der Frage, ab wann man sich am sichersten anstellt. Die vier stehen seit 4.30 Uhr und meinen „das reicht völlig“. Denn Pässe seien einem da noch 100-prozentig sicher und das Warten könne man da auch ohne großes Equipment überstehen.

Diese Argumentation hat was für sich, deshalb nochmal an den Beginn der Schlange und zurück zu Doreen Zarnikow: Warum acht Stunden stehen, wenn man den Pass auch mit dreieinhalb Stunden Frieren ergattern könnte? „Das verstehen Sie nicht“, meint sie streng, muss aber auf die Bitte, ob sie es nicht erklären könnte, lachend zugeben: „Ich versteh es ja selber nicht. Es ist nur so, dass es mich gestern Abend einfach nicht mehr zu Hause gehalten hat. Und bevor ich rumsitze und darauf warte, dass ich endlich gehen kann, geh ich lieber gleich.“

Punsch und
Liegestühle

Allerdings, und das nur als Geheimtipp für alle, die sich im nächsten Jahr vielleicht auch früh anstellen wollen: Natürlich hat man als „Frühdortsteher“ auch einen Bonus. Ab 7 Uhr wird von einem Team von guten OVB-Engeln Punsch ausgegeben: Wer früh da ist, bekommt ganz sicher welchen und kann den dann auch noch in einem der OVB-Liegestuhle genießen, die für die allerersten Wartenden aufgestellt werden. „Wie wollt Ihr das im nächsten Jahr noch toppen?“, war die Reaktion der dankbaren Wartenden, die am Ende glücklich ihre Festivaltickets in den Händen halten konnten.

Gegen 14.30 Uhr waren die Festivalpässe im OVB-Medienhaus dann restlos ausverkauft. Einzeltickets zu den Konzerten können an allen bekannten Vorverkaufsstellen erworben werden.

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