Rosenheim – Kerzen zu „Führers“ Geburtstag: Dazu pilgerten der Rosenheimer Rechtsextreme Peter M. und ein Gesinnungsgenosse extra zu Hitlers Geburtshaus Braunau. Keine gute Idee, wie den beiden die österreichische Justiz nun klargemacht hat: Das Landesgericht Ried fällte ein hartes Urteil.
Einstimmiges Urteil
der Geschworenen
Von der Justizvollzugsanstalt Bernau nach Braunau am Inn, und jetzt wieder ins Gefängnis? Das blüht Peter M. (69), einem einschlägig bekannten Rechtsextremen aus dem Landkreis Rosenheim: Weil er am 20. April 2022 extra nach Braunau reiste, um dort vor Adolf Hitlers Geburtshaus zum 133. Geburtstag des „Führers“ Kerzen aufzustellen, muss er wohl schon wieder hinter Gitter. Diesmal in Österreich.
Das Landesgericht in Ried im Innkreis (Oberösterreich) verurteilte den Oberbayern wie auch einen Begleiter, einen 24-jährigen Mann aus Vorarlberg, zu drei Jahren Haft. Die acht Geschworenen kamen einstimmig zu ihrem Spruch. Auch deswegen, weil die beiden Hitler-Wallfahrer zuvor schon mehrfach einschlägig straffällig geworden waren.
Die beiden Rechtsextremen hatten sich nach den Ausführungen des Staatsanwalts bei einer „einschlägigen Demonstration“ kennengelernt. Und beide blicken auf eine Reihe von rassistischen und neonazistischen Ausfällen sowie Verurteilungen zurück. Beide verehren Hitler. Der Vorarlberger zum Beispiel bezeichnete in einem Facebook-Post Hitler als Politiker, dessen Lebenswerk für die Ewigkeit Bestand habe.
Peter M. wiederum hatte sich am Obersalzberg vor Hitler-Bildern ablichten lassen und auf Facebook seiner Verehrung für den Diktator die Zügel schießen lassen. Einen Namen machte sich der ehemalige Taxifahrer in der Szene auch als Exponent der rechtsextremen Partei „Die Rechte“ in Rosenheim, als Pegida-Marschierer und als selbsternannter „Korrespondent“ eines Reichsbürger-Portals. Auf vielen Fotos ist er mit einem Anhänger in Form einer „schwarzen Sonne“ zu sehen – ein in der Szene gern verwendetes Erkennungszeichen. M. hatte gut ein Jahr vor dem Braunau-Ausflug offenbar zweieinhalb Jahre in der JVA Bernau abgesessen. In der Verehrung für Hitler scheinen sich die beiden also einig gewesen zu sein. Und so verabredeten sie sich für die Kerzenaktion. Zur 133. Wiederkehr von Hitlers Geburtstag am 20. April 1889 pilgerten sie vergangenes Jahr zum Geburtshaus des späteren „Führers“. Im Gepäck: zwei rote Grableuchten und Feuerzeuge, die sie sich zuvor in einem Supermarkt gekauft hatten. Die Kerzen stellten sie laut Staatsanwalt in eine „ebenerdige Fensternische“ des Hauses an der Adresse Salzburger Vorstadt 15 in Braunau, und zwar an der Vorderfront. Dabei fielen sie zwei Polizisten in Zivil auf.
Pech für die beiden Hitler-Verehrer: Österreich ahndet Straftaten mit neonazistischem Hintergrund härter als Deutschland. Möglich macht es das Verbotsgesetz, und mit ihm die Paragrafen gegen die „Betätigung im nationalsozialistischen Sinne“.
Damit sind unter anderem verboten: Mitgliedschaft, Gründung oder Unterstützung einer Organisation im nationalsozialistischen Sinne, Propaganda oder erst recht Gewalttaten, aber auch die Leugnung oder Verharmlosung oder Rechtfertigung von NS-Verbrechen. Aus der historischen Erfahrung des Nazi-Regimes heraus ist das hohe Strafmaß von bis zu 20 Jahren für Neonazi-Straftaten zu erklären, das in Österreich wegen seiner Härte immer wieder in der Diskussion steht.
Auch wer wie M. und sein Spezl NS-Anlässe feiert oder anderweitig in der Öffentlichkeit sein Wohlwollen gegenüber Hitler und der NSDAP äußert, gerät ins Visier der österreichischen Justiz.
Und die schaut scharf hin: Der Staatsanwalt führte vor Gericht die „zweifellos“ nationalsozialistische Gesinnung der beiden an. Die Angeklagten selbst bestritten die Aktion auch gar nicht, für das Gericht scheint die Angelegenheit insgesamt so klar gewesen zu sein, dass nicht einmal die beiden Zivilpolizisten als Zeugen geladen wurden.
Eine Ahndung lediglich mit einer Geldbuße kommt bei Vergehen dieser Art in Österreich nicht mehr in Frage. „Die Strafdrohung reicht bis zu zehn Jahren“, erklärt die Vizepräsidentin des Landesgerichts Ried, Dr. Claudia Hubauer, auf OVB-Anfrage. „Und eine Strafe unter einem Jahr kann man gar nicht verhängen.“ Wegen des politischen Charakters von Vergehen gegen das Verbotsgesetz sind dafür Geschworenengerichte zuständig.
Berufung
eingelegt
Noch sei die Strafe nicht rechtskräftig, M. und sein Spezl aus Vorarlberg haben nach Auskunft des Gerichts Berufung eingelegt. „Sobald das Urteil rechtskräftig ist, kommt die Aufforderung zum Strafantritt“, sagt Claudia Hubauer. „Wenn er nicht antritt, wird er ausgeschrieben.“ Denn – solange nicht Deutschland einen Antrag auf Auslieferung stelle, sei die Haft auf jeden Fall in Österreich abzusitzen.
Bis es dahin kommt, dürften nach eingelegter Berufung Wochen oder gar Monate ins Land gehen. Und wenn M. dann nicht schon wieder nach Österreich will? Sollte er sich in Bad Endorf aufhalten, wo er offenbar gemeldet ist, würden die Österreicher sich an die hiesige Staatsanwaltschaft wenden. In letzter Konsequenz würden dann Beamte des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd in Rosenheim sicherstellen, dass M. die Haft in Österreich antritt, sagt Präsidiumssprecher Stefan Sonntag auf OVB-Anfragen.
Peter M., wegen seiner Vergangenheit in der Szene auch „Pegida-Peter“ genannt, ist nicht der erste Rechtsextreme aus der Gegend von Rosenheim, der die Behörden in Österreich beschäftigt. Im März 2021 hatte der damalige AfD-Aktivist Stefan Bauer Corona-Impfstoffe mit dem Giftstoff Zyklon B verglichen – in einem Video, das er vor den Mauern der KZ-Gedenkstätte Mauthausen (Oberösterreich) aufgenommen hatte.
Wörtlich sagte Bauer: „Wir brauchen kein neues Zyklon B, sei es als Astra-Zeneca, sei es als Biontech.“ Der damalige österreichische Innenminister Karl Nehammer, mittlerweile Bundeskanzler, bezeichnete diesen Vergleich als „widerwärtig und kriminell“. Die AfD in Rosenheim, für die sich Bauer sogar als Kandidat für den Stadtrat hatte aufstellen lassen, schloss den Youtube-Influencer und selbst ernannten „Journalisten“ gut ein halbes Jahr nach seinem Auftritt in Mauthausen aus.
Michael Weiser