Prien – Ein Lied aus den 90ern. Zahlreiche feierwütige junge Menschen. Lautes Gegröle und Gesang. Mittendrin eine Gruppe junger Männer und Frauen, die den Text von Gigi D’Agostinos Hit „L‘Amour toujours“ umdichten. Ein weiterer Party-Gänger filmt das Geschehen: Eine junge Frau schreit laut hörbar „Ausländer raus“ und „Deutschland den Deutschen“ in die Kamera. Hinter ihr singen weitere Personen diese Worte mit. Ein junger Mann deutet mit seinen Fingern auf der Oberlippe einen Hitlerbart an und ahmt den Hitlergruß nach.
Es dauerte nicht lange, bis sich das Video im Netz wie ein Lauffeuer verbreitete – genauso wie die damit einhergehende Wut und Empörung. Schnell wurden die Personen auf den Videos identifiziert, ihre Namen und Fotos im Netz veröffentlicht.
Das Internet
vergisst nicht
Einer der Beteiligten hat sich einem Bericht der „Bild“-Zeitung zufolge nun auf seinem Social-MediaProfil für sein Verhalten entschuldigt. Er schäme sich dafür und gibt zu, einen „ganz schlimmen Fehler“ begangen zu haben. Doch nicht nur er war auf dem Video zu sehen. Auch ein junger Mann aus Prien (Name liegt der Redaktion vor) soll an diesem Pfingsttag im Club „Pony“ auf Sylt dabei gewesen sein.
„Das Wochenende war nicht so lustig“, sagt Michael Anner am Montagmorgen am Telefon. Der CSU-Ortsvorsitzende aus Prien und Zweite Bürgermeister der Marktgemeinde hatte in den vergangenen Tagen alle Hände voll zu tun. Denn das Internet vergisst nicht – auch im Fall des jungen Prieners nicht.
Dieser machte vor vier Jahren auf dem Instagram-Account der CSU Prien Wahlwerbung für die damalige Bürgermeisterkandidatin Annette Resch. „Die Stichwahl fiel genau in den ersten Corona-Lockdown. Da hatte man nicht mehr viele Möglichkeiten, Wahlkampf zu machen, und so wurden auch die sozialen Medien stärker genutzt“, erzählt Anner dem OVB auf Anfrage.
Anner selbst hat durch die Medien von dem Sylt-Video erfahren. „Aber dass dort jemand aus der Region beteiligt sein könnte, wurde mir erst klar, als unser Instagram-Kanal mit Nachrichten bombardiert worden ist“, sagt Anner. Was er besonders betonen möchte: „Er war definitiv nie Mitglied bei uns.“
„Absolut nicht
zu entschuldigen“
Was auf Sylt passiert ist, findet der Ortsvorsitzende schlimm, wie er sagt. „Das gehört absolut nicht in unsere Zeit und dagegen muss man sich ganz klar aussprechen“, macht er deutlich. „Ich finde dieses Verhalten ekelhaft. Was dort passiert ist, ist absolut nicht zu entschuldigen.“ Ihn als Zweiten Bürgermeister hat es persönlich „sehr getroffen“. Es bleibe ein „schlechtes Gefühl“, wenn dort jemand aus der Region dabei gewesen sein könnte. Er habe auch viele Anrufe von Privatleuten bekommen, die sich zu dem Vorfall erkundigen wollten, ihn aber auch teils beschimpft haben.
CSU Prien erklärt
sich in Statement
Auf dem Instagram-Kanal der CSU Prien hat er nun die Kommentare deaktiviert. Nachdem auf Plattformen wie Tiktok öffentlich dazu aufgerufen wurde, auf dem Instagram-Account der Priener CSU „Randale“ zu machen, sei die Situation eskaliert.
Es folgte ein Statement, in dem sich die Partei erklärt. „Die CSU Prien steht uneingeschränkt zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung und setzt sich für ein weltoffenes Prien ein“, heißt es darin. Außerdem heißt es zur damaligen CSU-Wahlkampagne und der Mitwirkung des jungen Mannes aus Prien daran: „Damals gab es keinerlei Anzeichen für eine ausländerfeindliche Gesinnung eines Teilnehmers.“
Auch der Golfclub Prien ist durch den Skandal in den Fokus der Öffentlichkeit geraten. Dort soll der junge Mann laut OVB-Informationen tätig sein. Auf telefonische Anfrage beim Golfclub heißt es lediglich, dass man dazu keine Auskunft geben könne. Während einer weiteren Nachfrage wurde das Telefonat vonseiten des Golfclubs beendet.
Polizei ermittelt
gegen drei Personen
Ob die Polizei gegen den Priener ermittelt, ist nicht bekannt. Auf OVB-Anfrage erklärt die Staatsanwaltschaft Flensburg, „dass derzeit gegen drei Personen wegen des Vorfalls über Pfingsten im ‚Pony‘ in Kampen auf Sylt wegen des Verdachts der Volksverhetzung (Paragraf 130 StGB), gegen eine Person von diesen zusätzlich wegen des Verdachts des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (Paragraf 86aStGB) ermittelt wird.“ Details zu den einzelnen Personen könne man nicht mitteilen. Die Ermittlungen dauern noch an.