Bad Aibling – „Das ist der einzige Platz, an dem ich begraben werden will.“ Diesen Gedanken hatte die gebürtige US-Amerikanerin Carol P. (55), als sie vor Jahren über den Friedhof ihrer „neuen“ Heimat Bad Aibling schlenderte.
Ein Wunsch, der für sie sicherlich in Erfüllung gehen wird. Allerdings viel zu früh. Denn die lebenslustige Ehefrau und Mutter hat Krebs im Endstadium. Was sie jedoch nicht davon abhält, viel zu lachen – und von der Palliativstation aus an ihrem Vermächtnis an die Menschheit mitzuwirken. Denn Carol sammelt gemeinsam mit Familie und Freunden Geld für die Krebsforschung, damit anderen Betroffenen, wie ihr selbst, Zeit geschenkt und die tückische Krankheit irgendwann sogar besiegt werden kann.
Eine schicksalhafte Begegnung in München
Im Rückblick muss es der 55-Jährigen wie ein Märchen vorkommen: Nach der Jahrtausendwende hatte sie das dringende Bedürfnis, Europa zu erkunden und – im wahrsten Sinne des Wortes – zu erfahren. So startete die US-Amerikanerin 2004 ihre Europa-Tour in Schweden, wo sie sich ein Auto mietete und bis nach Cinque Terre, einem Küstenstreifen an der italienischen Riviera, reiste.
Die schicksalhafteste Begegnung sollte auf die junge Marketing-Expertin aber nicht in Schweden oder Italien, sondern in Deutschland warten. Genauer gesagt im Münchner Hirschgarten, wo sie 2005 an einem Business-Event teilnahm und dort Sebastian P. begegnete. Der Startschuss für eine einzigartige Liebesgeschichte. „Ich hatte dann die Möglichkeit, entweder zum Arbeiten nach London zu gehen, oder bei meinem neuen Freund in München zu bleiben“, erzählt die 55-Jährige mit einem Lächeln.
Die Entscheidung war schnell getroffen – und die nächsten gemeinsamen Meilensteine ließen nicht lange auf sich warten: „2005 haben wir uns verlobt, im selben Jahr in Bad Aibling ein Grundstück gekauft, 2006 dann dort gebaut und geheiratet“, erzählt Carols Ehemann Sebastian (52). „Wir haben hier in Bad Aibling wirklich ein neues und perfektes Zuhause gefunden“, erinnert sich die 55-Jährige. Die Krönung des glücklichen Ehelebens dann 2010, als der gemeinsame Sohn die Familie komplettierte.
Kopfschmerzen über Monate hinweg
Pures Glück, das sich im Jahr 2022 für die Bad Aiblinger Familie aber schlagartig änderte. Weil sie seit Monaten Kopfschmerzen plagten, suchte Carol ärztlichen Rat. Mit der Diagnose „Migräne“ ließ sie sich nicht abspeisen, sondern forderte weiterführende Untersuchungen wie beispielsweise eine Computertomografie ein. Untersuchungen, die letztlich die traurige Gewissheit brachten: Carol leidet an unheilbarem Lungenkrebs, der bereits in weite Teile des Körpers gestreut hatte. So fanden die Ärzte Metastasen in Hüfte, Oberschenkel und Lymphdrüsen, alleine zwölf Geschwüre im Kopf, die letztlich auch die Kopfschmerzen erklärten.
„Ich war zu dieser Zeit superfit, eigentlich in der Form meines Lebens“, erinnert sich die Marketing-Expertin an das Schicksalsjahr 2022 zurück. „Und dann kam diese Art der Überraschung.“
Ein Schock für die ganze Familie, der aber bei der gebürtigen US-Amerikanerin eine „Jetzt erst recht“-Mentalität auslöste. „Letztlich gibt es ja zwei Wahlmöglichkeiten: Es zu akzeptieren und das Beste draus zu machen, oder sich jeden Tag zu vergraben und zu hadern.“ Sie wählte den ersten Weg und bekam auf sie und ihre Krebsart abgestimmte Medikamente, die sofort anschlugen und den Krebs deutlich zurückdrängten.
„Diese zusätzliche Zeit, die mir durch die Medikamente gegeben worden ist, war ein absolutes Geschenk“, sagt die 55-Jährige, die ihrem Mann Sebastian durch ihren Lebensmut und ihre Fröhlichkeit immer wieder zum Staunen bringt. „Carol ist einfach eine sehr positive Frau.“ Was sicherlich auch dazu beigetragen hat, dass die Bad Aiblinger Familie in den vergangenen zwei Jahren zumindest weitgehend ein fast normales Familienleben führen konnte.
Für das Thema sensibilisieren
Doch nicht nur das: In dieser Zeit war bei der krebskranken Frau auch der Wunsch gereift, anderen Betroffenen zur Seite zu stehen und Hoffnung zu machen, aber auch die Menschen insgesamt fürs Thema Krebs zu sensibilisieren. So hat sie unter anderem durch Spendenläufe in den USA mehrere 10000 Euro für die Krebsforschung in den USA organisiert. Und ein weiteres Herzensprojekt der ganzen Familie steht nun in wenigen Tagen an: Ein Golfturnier zugunsten des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ), das am Samstag, 8. Juni, auf der Anlage des Golfclubs Schloss Maxlrain steigt.
Ein Projekt, in das die ganze Familie gemeinsam mit Freunden und Bekannten seit Monaten nahezu ihre komplette Freizeit investiert hat. „Ich möchte sicherstellen, dass genug Geld für die Krebsforschung gesammelt wird“, sagt die 55-Jährige, der es aber auch eine Herzensangelegenheit ist, jedem Krebserkrankten zu zeigen, „dass das Leben trotz der Diagnose weitergeht.“
Wichtig ist ihr zudem, die Menschen für die tückische Erkrankung zu sensibilisieren und zur Vorsorge aufzurufen. „Letztlich kann es nämlich jeden treffen“, weiß Carol, was laut ihrem Ehemann, gerade beim Thema Lungenkrebs, aber nicht allen Menschen klar ist. „Viele denken, es trifft nur Raucher“, sagt der 52-Jährige. „Aber meine Frau ist Nichtraucherin, hat vor 30 Jahren vielleicht mal eine Zigarette geraucht.“
Seit zwei Wochen auf der Palliativstation
Themen – die, neben dem Spaß am Golf, auch beim Charity-Event am Samstag, 8. Juni, im Fokus stehen sollen. Sie selbst will an diesem Tag natürlich unbedingt in Maxlrain anwesend sein. Auch wenn es bei der 55-Jährigen in den vergangenen Wochen „leider gesundheitlich rapide bergab“ gegangen ist, wie ihr Mann unverblümt berichtet. So ist die Bad Aiblingerin seit gut zwei Wochen auf der Palliativstation der Romed-Klinik Bad Aibling untergebracht, hat viel an Gewicht und Kraft verloren. Doch auch davon lässt sich die 55-Jährige nicht ihre Lebensfreude nehmen: „Jeden Tag habe ich Familie und Freunde hier, wir lachen, machen Spaß und haben eine gute Zeit.“
Dennoch ist der todkranken, aber lebenslustigen Frau natürlich bewusst, dass ihr nur noch eine begrenzte Zeit bleibt, die letzte Phase für sie angebrochen ist. Eine Phase, in der sie sich aber nicht „in ein Loch eingraben“, sondern, wie eben mit der Organisation des Golfturniers, „noch etwas tun will.“
Und wenn die Zeit zu gehen dann gekommen ist? „Dann ist es wichtig für mich, dass ich mit Liebe gehe, nicht mit Angst.“ Und mit einem Vermächtnis, das unzähligen Krebspatienten Hoffnung geben und Mut machen kann.