„Corona war nie weg“

von Redaktion

Sogar der Präsident der Vereinigten Staaten hat sich angesteckt. Corona ist auf dem Vormarsch – und das mitten im Sommer. Wie gefährlich sind die neuen Varianten in der Region Rosenheim? Was hat es mit den „Flirt-Varianten“ des Sars-Erregers auf sich? Experten aus der Region äußern sich zur Lage.

Rosenheim – Es ist Sommer – und Corona ist auf dem Vormarsch. In den vergangenen vier Jahren stiegen die Zahlen eher während der kühlen Jahreszeiten an. Mitte 2024 aber meldet das Robert-Koch-Institut in seinem aktuellen Wochenbericht einen erneuten Anstieg akuter Atemwegserkrankungen. Über ein Viertel davon ist von dem Rhinovirus verursacht, für zwölf Prozent sind Sars-Viren verantwortlich. Die Sieben-Tage-Inzidenz liegt laut RKI bei 6000 pro 100000 Menschen. Und damit auf dem Niveau von August 2023, als die bislang letzte Herbstwelle einsetzte.

Getestet wird nur
noch äußerst selten

Getestet werde nur noch in den seltensten Fällen, sagt Dr. Thomas Schulzki, Chef des Medizinischen Labors in Rosenheim. Hochgerechnet werde aufgrund von Abwasserproben, in denen sich Spuren von Viren nachweisen lassen.

Die gute Nachricht: Corona mag lästig sein und auch den einen oder anderen Radsport-Profi aus der Tour de France werfen und Fahrer dazu zwingen, bei Pressekonferenzen Maske zu tragen. Aber schwere Verläufe sind definitiv selten. „So wie man es von Anfang an erwartet hat“, sagt Iberer; „entweder bleibt es gefährlich und stirbt aus, oder es passt sich an den Menschen an.“ Das Coronavirus ist so etwas wie eine neue Art der Grippe geworden. Ein Stammgast, der seinen Wirt nervt, ihn aber in den allermeisten Fällen nicht mehr ruiniert oder gar tötet. Diese evolutionär geförderte „Altersmilde“ ist typisch für Viren, die ja letztlich auf ihre Wirte angewiesen sind. Auch Romed gibt Entwarnung. Im gesamten Romed-Klinikverbund mit seinen Häusern in Rosenheim, Bad Aibling, Prien und Wasserburg werden – Stand Mittwoch, 17. Juli – insgesamt vier Patienten behandelt, die mit Sars-CoV-2 infiziert sind. „Von diesen liegt keiner auf einer Intensivstation“, sagt Romed-Sprecherin Elisabeth Siebeneicher auf OVB-Anfrage. „Corona war nie ganz weg“, sagt Dr. Michael Iberer, Vorsitzender des Ärztlichen Kreisverbands Rosenheim. Der Anstieg der Kurve gerade im Hochsommer erstaunt aber auch ihn. Eine Folge des wechselhaften Wetters mit hohen Temperaturen und jähen Abstürzen? „Das wird sich kaum belegen lassen“, sagt Iberer. „Normalerweise bringt man das eher damit in Verbindung, dass sich die Menschen bei kühleren Temperaturen eher in geschlossenen Räumen aufhalten, und mit Heizungsluft, die die Nasenschleimhaut austrocknet.“

Größere Sorgen
wegen Vogelgrippe

„Flirt“-Viren heißt die aktuell dominierende Subvariante KP.3 bei den Epidemologen. Allerdings weniger wegen ihrer Kontaktfreude, sondern wegen der Veränderungen der Andock-Proteine: Dabei wurden Aminosäuren mit der Abkürzung „F“ durch „L“ und „R“ durch „T“ ersetzt. Diese FLRT-Mutation hat zur Folge, dass Antikörper die Viren kaum mehr erkennen.

„Mir macht das aktuelle Virus kaum Sorgen“, sagt Michael Iberer. „Da finde ich die Vogelgrippe, die gerade den Sprung von Vögeln auf Säugetiere probt, weitaus bedenklicher.“ Wäre die Region, wäre Deutschland auf eine neue Pandemie vorbereitet? Da gibt sich der Mediziner skeptisch. „Ob der Lernprozess erfolgreich war – daran habe ich Zweifel“, sagt Iberer.

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