Rosenheim – Die Entscheidung ist gefallen: Der nördliche Teil der Kufsteiner Straße, von der Klepper- bis zur Brianconstraße, soll vierspurig ausgebaut werden. Im Ausschuss für Verkehrsfragen und ÖPNV stimmten die Mitglieder mit 8:3 Stimmen für das Vorhaben. Ein Ergebnis, für das einige Zuschauer nur ein Kopfschütteln übrig hatten.
Weniger Stau,
mehr Sicherheit
Eine höhere Leistungsfähigkeit, mehr Sicherheit im Verkehr, weniger Staus und weniger Stopps: Geduldig erklärte Falk Skeide vom Verkehrsingenieurbüro TSC die Vorteile eines vierspurigen Ausbaus. Er zeigte zwei Videos, verglich mittels einer Verkehrssimulation die Leistungsfähigkeit eines dreispurigen Ausbaus mit dem eines Vierspurigen. Er rechnete den Stadträten die momentanen Staulängen und die Anzahl der Stockungen vor. So müssten die Autofahrer auf der Strecke Briancon- bis Klepperstraße im Durchschnitt zehnmal anhalten. Bei einem vierspurigen Ausbau könnte sich das ändern. Er sprach von maximal zwei Stopps.
Mit Blick
in die Zukunft
Der vierspurige Ausbau gelte auch, so sagt Skeide, für die Eisenbahnunterführung in der Kufsteiner Straße. „Die Brücke wird für die kommenden 100 Jahre bestehen“, sagte er einen Tag später am Telefon. Er riet den Stadträten dazu, sich „nicht die Zukunft zu verbauen“ und die Unterführung entsprechend zu verbreitern.
So könnte man die Verkehrsflächen bei einem vierspurigen Ausbau in Zukunft beliebig nutzen. Er sprach von einer Busspur, schlug einen Fahrradschnellweg vor. Bei einem dreispurigen Ausbau seien diese Ideen nicht umsetzbar, sagte Skeide. Und doch gab er zu bedenken, dass auch bei einem vierspurigen Ausbau „nicht alles positiv ist“. So fiele bei einem vierspurigen Ausbau die Linksabbiegespur weg. Von der Kufsteiner Straße stadtauswärts könnte man dann weder die Aral-Tankstelle noch den Modepark Röther erreichen.
Für den Fraktionsvorsitzenden der Grünen, Franz Opperer, und seine Fraktionskollegin Daniela Dieckhoff war das ein entscheidender Grund, gegen einen vierspurigen Ausbau zu stimmen. Dieckhoff kritisierte die anfallenden Kosten, die zu erwartenden Eingriffe in die Grundstücke. „Der Platz ist unheimlich eng“, sagte sie. Für sie sei nicht nachvollziehbar, wo die Radfahrstreifen noch Platz finden sollten. „Der Radverkehr wird bei den Planungen vernachlässigt“, sagte auch Opperer. Er warf Oberbürgermeister Andreas März (CSU) vor, „in der Vergangenheit zu verweilen“ und nicht „die Zukunft gestalten zu wollen“.
März (CSU) wies die Vorwürfe von sich, sagte die „Planungen gingen in alle Richtungen“. So sei ein vierspuriger Ausbau für alle Verkehrsteilnehmer eine gute Lösung. „Wir wollen uns für die Zukunft keine Optionen verbauen“, sagte März. An Daniela Dieckhoff gewandt sagte er, dass für den Ausbau der Kufsteiner Straße „regelwerkskonforme Geh- und Radwege“ vorgesehen sind.
Kein Beachten
des Radentscheids
Eine Aussage, die sowohl bei Dieckhoff als auch bei Dirk Langer, dem Mitorganisator der Initiative „Radentscheid Rosenheim“, auf Unverständnis stieß.
So sehe das Bürgerbegehren – das im Februar von den Stadträten im Haupt- und Finanzausschuss angenommen wurde – vor, Radfahrstreifen, Schutzstreifen und Sicherheitstrennstreifen breiter anzulegen als vom Gesetzgeber vorgesehen. „Bei den Entscheidungen wurden inhaltliche Ziele des Radentscheids missachtet“, sagte Dirk Langer nach dem Ausschuss für Verkehrsfragen und ÖPNV. Er sei enttäuscht, fühle sich von der Stadt im Stich gelassen.
Auch sei mit dem Bürgerbegehren beschlossen worden bei allen Projekten, die den Radverkehr betreffen, den Fahrrad-Beirat frühzeitig zu informieren und bei den Planungen einzubeziehen. Einziges Problem: der Fahrrad-Beirat wurde, laut Langer, von der Stadt noch nicht einberufen. „Seit vier Monaten ist vonseiten der Stadt nichts passiert“, sagte Langer.
Er selbst habe sich die Planungen für die Kufsteiner Straße angesehen, glaube, dass ein vierspuriger Ausbau für den Nordteil nur dann möglich sei, wenn der Radfahrstreifen „schmaler ausfallen würde als gefordert“. Für ihn ein Unding.
Ganz anders schätzte Stadtrat Dr. Wolfgang Bergmüller (CSU) die Situation ein. Ihn habe der Vorschlag überzeugt, den nördlichen Teil der Kufsteiner Straße vierspurig auszubauen.
Dass sich die Staulänge reduziere, sei ein „starkes Argument“ dafür, sagte er. Durch einen vierspurigen Ausbau würde zudem die Verkehrssicherheit zunehmen.
Auch der Fraktionsvorsitzende der CSU, Herbert Borrmann, sprach sich für einen vierspurigen Ausbau aus. „Wir können nicht das Ziel haben, den öffentlichen Nahverkehr zu verbessern, wenn wir nichts dafür tun wollen“, sagte er. Ein vierspuriger Ausbau entschärfe die Verkehrssituation und bedeute eine geringere Umweltbelastung.
Stadtrat und Zweiter Bürgermeister der Stadt, Daniel Artmann (CSU), merkte an, dass es sich bei der Kufsteiner Straße um eine Zufahrtsstraße handelt und dort „nicht jeder mit dem Rad fährt“. „Wir können die Verkehrsteilnehmer nicht gegeneinander ausspielen“, sagte er. Er nannte den vierspurigen Ausbau eine „historische Entscheidung für Jahrzehnte“.
Bei der anschließenden Abstimmung sprachen sich die drei Mitglieder der Grünen gegen einen vierspurigen Ausbau aus. CSU, AfD, und die SPD stimmten dafür. Demnach soll, nach aktuellem Stand, der nördliche Teil, von der Briancon- bis zur Klepperstraße vierspurig, der Abschnitt von der Klepperstraße bis zur Mangfallbrücke dreispurig (eine Fahrspur je Richtung plus Streifen für Linksabbieger, Anm. d. Red.) ausgebaut werden. Auch für die Eisenbahnunterführung ist ein vierspuriger Ausbau vorgesehen.
Finale Planungen stehen noch nicht fest
Für die Eisenbahnunterführung vorgesehen, ist laut Stadtverwaltung, eine Gesamtbreite von 24,30 Meter, mit einem beidseitigen, hochgesetzten Geh- und Radweg von 4,55 Meter.
Wie genau die finalen Planungen aussehen, wie viel Platz wirklich für die Fahrradstreifen eingeplant ist und wie groß der Eingriff in die jeweiligen Grundstücke tatsächlich ist, soll in der Weiterentwicklung der Maßnahme festgelegt und in einem der nächsten Ausschüsse vorgestellt werden.