AN der Hochschule Rosenheim

Direkt an den Gardasee ist schwierig

von Redaktion

Interview Flixbus-Gründer Daniel Krauss über Busreisen und seinen Besuch in Rosenheim

Rosenheim – Die Firma Flix ist innerhalb von knapp zwölf Jahren von einem kleinen Start-up zu einem der größten Unternehmen in der Mobilitätsbranche gewachsen. Daniel Krauss hat das Unternehmen 2013 mitgegründet und ist heute für die Infrastruktur des Konzerns mit mehreren Tausend Mitarbeitern zuständig. Vor seinem Vortrag an der Technischen Hochschule Rosenheim hat Krauss exklusiv mit dem OVB gesprochen und einen Blick auf die drängendsten Fragen der Mobilität in der Region geworfen.

Wenn ich von Rosenheim nach Italien in den Urlaub fahren möchte: Nehme ich das Auto, den Zug, den Flieger oder den Bus?

Die Antwort aus unserer Sicht ist natürlich immer der Bus. Aber das heißt nicht zwangsläufig, dass das für alle die beste Lösung ist. Auch bei den Angeboten von Flix muss jeder schauen: Passt das für mich? Am Beispiel Rosenheim ist das genauso. Da würde ich sagen, ist zum Beispiel eine Fahrt nach Ljubljana oder Zagreb prädestiniert. An den Gardasee wird es direkt von Rosenheim aus schwieriger.

Weil man sich auch mit dem Bus durch die Blockabfertigung und den Brennerpass quälen muss?

Der Brenner sorgt auch bei mir für hochgezogene Augenbrauen. Busse sind zwar keine Lkw und damit nicht direkt betroffen. Aber das heißt nicht automatisch, dass du dann in Lichtgeschwindigkeit da vorbeiziehst. Ich war neulich in Innsbruck, und da waren beide Spuren verstopft. Dann stehst du halt so oder so. Manchmal ist das sowohl auf der Straße als auch auf der Schiene unvermeidbar.

 

Die Schiene ist ein weiteres Problem in der Region. Wie sehen Sie die Diskussion um den Brenner-Nordzulauf?

Ich bin ein sehr pragmatischer Mensch, und was ich nicht so gut leiden kann, ist das Motto: „Wasche mich, aber mach mich nicht nass.“ Ich glaube, dass mehr Verkehr auf der Schiene uns allen guttut, sowohl im Personen- als auch Güterverkehr. Es ist eine sehr nachhaltige, günstige und schnelle Möglichkeit zu reisen. Aber das führt natürlich dazu, dass Trassen erneuert oder neu gebaut werden müssen. Und wenn dann die „Aber bitte nicht vor meiner Haustür”- Argumentation kommt, dann haben wir ein Problem. Dann muss man einen demokratischen Weg finden, eine konstruktive Diskussion, die aber nicht 30 Jahre dauert. 

Wie begegnen Sie Aussagen von kleineren, regionalen Anbietern, dass Flixbus zu günstige Preise für den Markt anbietet, die auf Kosten von Sicherheit und Personal gehen?

Da muss man differenzieren. Denn Flix bietet nur Linienverkehr an. Das funktioniert aber nur dann, wenn du eine sehr hohe Auslastung erzeugen kannst. Das machen wir KI-gestützt mit einer Software und können diese in ganz Deutschland, Europa, sogar weltweit anwenden. Wenn du Reisen nur regional anbietest, dann wirst du als Linienverkehr-Unternehmen nicht erfolgreich sein, egal ob auf der Straße, auf der Schiene oder sonst wo. Das heißt, regionale Anbieter machen häufig touristische Verkehre. Die fahren zum Beispiel nicht nach Zagreb, sondern direkt nach Split oder irgendwohin, wo du nicht direkt mit dem Flixbus ab Rosenheim hinfahren kannst. Aber auch dann stehst du im Wettbewerb und dann ist der Preis immer ein Thema.

Und der Preis ist bei diesen touristischen Fahrten teurer?

Ja, deswegen versuchen wir, unsere Betriebskosten so gut wie möglich zu kalkulieren. Aber glauben Sie mir, wenn unsere Unternehmer nicht ihre Fahrerinnen und Fahrer nach anständigem Lohn bezahlen würden, dann hätten wir keine mehr. Für die Preisstruktur nehme ich gerne folgendes Beispiel: Wenn du ganz günstig für fünf Euro von Berlin nach Hamburg fahren kannst, aber du willst von Rosenheim nach Ljubljana, dann interessiert dich dieses Angebot woanders ja nicht. Das heißt, es ist immer zuallererst ein sinnvolles Angebot notwendig und erst dann ein günstiger Preis.

Sie haben einmal gesagt, dass Sie Busfahren erst wieder sexy machen mussten. Ist es das mittlerweile?

Ja, ich gehe schon davon aus, dass Busfahren wieder sexy ist. Früher gab es diese Option gar nicht. Das heißt, das Beste, was wir in meiner Jugend nutzen konnten, war Interrail. Alles andere war zu teuer, weil auch nicht jeder eine Karre vor die Tür gestellt bekommen hat.

 

Inwieweit bleibt das Busfahren attraktiv, auch im Hinblick auf alternative Treibstoffe?

Wir arbeiten daran, CO2-neutral zu werden. Und wir sind jetzt schon in verschiedenen Ländern mit alternativen Antrieben unterwegs. Ein Beispiel: In Indien ist unser größter Konkurrent ein reiner Elektro-Anbieter. Da sind wir in Deutschland noch nicht so weit. Die Infrastruktur fehlt. Meine Annahme ist, dass wir im Bussektor wahrscheinlich am Ende bei batteriebetriebenen Antrieben landen. Ich glaube, wir haben nicht genug Wasserstoff, der zu konkurrenzfähigen Preisen produziert wird. Das wird vermutlich mehr ein Thema für den Schwerlastverkehr.

Mit welchem Ziel kommen Sie zu Ihrem Vortrag nach Rosenheim? Was wollen Sie den Studenten mitgeben?

Ich möchte junge Menschen für das Thema Unternehmertum begeistern. Ich glaube, dass Unternehmer in Deutschland nicht mehr optimal belohnt werden. Und ich finde es schade, dass das Thema in der Bildung nicht ausreichend beleuchtet wird. Ich hätte gern, dass Menschen mit dem Abi oder spätestens mit dem Bachelor auch darüber nachdenken, ein Unternehmen zu gründen. Ich sage nicht, dass jeder und jede da gleich einen raushauen muss, wenn das nichts für einen ist. Aber in der Vergangenheit war es so, dass ich den Eindruck hatte, dass es überhaupt nicht in Erwägung gezogen wurde. Und das ist schade.

Interview: Korbinian Sautter

Vortrag zur Geschichte von Flixbus

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