Keine neue Partnerstadt für Rosenheim

von Redaktion

Italien, Frankreich und Japan – dort pflegt Rosenheim eine Städtepartnerschaft. Jetzt gibt es den Wunsch nach einer weiteren – in der Ukraine. Doch das kostet einiges an Geld und Zeit. Was darf eine Freundschaft kosten? Das war Thema einer teils hitzigen Diskussion.

Rosenheim – Rosenheim muss ein Zeichen setzen. Das machte Abuzar Erdogan im jüngsten Haupt- und Finanzausschuss mehrfach deutlich. „Vor den Toren Europas, nur wenige Flugstunden entfernt, wird ein Land angegriffen“, sagte der Fraktionsvorsitzende der SPD.

Um sich mit der Ukraine solidarisch zu zeigen und ein politisches Signal zu senden, hatten Erdogan und seine Fraktion bereits vor einigen Wochen eine Idee: Die Stadt Rosenheim soll mit einer Kommune in der Ukraine eine Städtepartnerschaft oder -freundschaft aufbauen. Was sich in der Theorie nach einer guten Idee anhört, stieß nicht bei allen Stadträten auf Begeisterung.

Oberbürgermeister zeigt sich skeptisch

Auch bei Oberbürgermeister Andreas März nicht. „Meine Ambitionen, eine weitere Städtepartnerschaft aufzubauen, halten sich in Grenzen“, sagte er während der Sitzung. Das habe mehrere Gründe. „Eine solche Partnerschaft oder Freundschaft lebendig zu pflegen, ist mit einem sehr hohen Aufwand verbunden“, betonte der Oberbürgermeister. Heißt: Die Städtepartnerschaften erfordern einen regelmäßigen Austausch, Veranstaltungen, Delegationsreisen und Koordination sowie Kommunikation auf beiden Seiten.

Und mit den drei bisherigen Partnerschaften – seit 1974 mit Briançon in Frankreich, seit 1979 mit Lazise am Gardasee und seit 2004 mit Ichikawa in Japan – sei die Stadt „bereits stark gebunden.“ Eine zusätzliche strapaziere die personellen Ressourcen der Verwaltung und könnte die Qualität der bestehenden Partnerschaften beeinträchtigen.

Zumal die Partnerschaften Geld kosten. Und nicht gerade wenig. Allein im Jubiläumsjahr 2024 bezahlte die Stadt für alle drei Städtepartnerschaften mehr als 140000 Euro. Unter anderem für Besuche, Gastgeschenke, Übersetzungsdienste, Öffentlichkeitsarbeit und kulturelle Veranstaltungen. Obwohl die jährlichen Ausgaben abhängig von geplanten Projekten unterschiedlich seien, sind die Partnerschaften eine finanzielle Belastung. In Zeiten der angespannten Haushaltslage sei eine neue Partnerschaft so schwer zu rechtfertigen, teilt die Verwaltung mit.

Aber auch der Krieg in der Ukraine macht eine Städtepartnerschaft schwierig. Die kommunalen Strukturen dort seien teilweise geschwächt, ein kontinuierlicher Austausch sei schwer umzusetzen und auch Reisen seien kaum planbar. Auch aus diesem Grund sehe März keinen Mehrwert in einer neuen Städtepartnerschaft für beide Seiten. Schließlich helfe den Menschen dort eine Partnerschaft mit Rosenheim in der aktuellen Situation nicht so viel, dass der Aufwand gerechtfertigt ist.

Wenn, dann müsste über alternative Unterstützung nachgedacht werden – zum Beispiel über gezielte Hilfsprojekte oder Hilfe durch private Initiativen.

Kein Verständnis dafür hatte Peter Rutz, Fraktionsvorsitzender der Grünen. „Man hat den Eindruck, dass sich die Stadt da durchmogeln will, sich wegduckt und es lieber die anderen machen sollen“, kritisierte er während der Sitzung.

Diesen Vorwurf ließ Andreas März nicht auf sich sitzen. „Es mogelt sich niemand durch, wir haben 900 Menschen aus der Ukraine hier aufgenommen, keiner davon muss auf der Straße leben und alle haben Essen und etwas zu trinken“, sagt er. Auch das sei ein Zeichen der Solidarität.

Dem war sich auch Peter Rutz bewusst. Es sei „extrem“, was die Stadt hier leistet. Eine Städtefreundschaft stehe Rosenheim aber trotzdem gut zu Gesicht, war er überzeugt. „Auch, um das Thema wach zu halten“, sagte Rutz. Zumal es mal eine andere Erfahrung sei, mit einer Kommune eine Partnerschaft einzugehen, in der es den Menschen – anders als in den drei anderen Partnerstädten – nicht so gut geht, ergänzte sein Parteikollege Franz Lukas. Davon könnten beide Städte profitieren. Lukas betonte aber auch, dass die drei bisherigen Partnerschaften trotz einer weiteren in der Ukraine nicht infrage gestellt werden dürfen. Überprüfen könnte man dennoch die ein oder andere, sagte hingegen Abuzar Erdogan. „Mann muss sie ja nicht gleich beenden, aber wir könnten uns anschauen, ob der Auftrag einer der Partnerschaften nicht schon erfüllt ist“, sagte er. Und welche Ziele man in der Zukunft noch erreichen kann. Auch so könnten Kapazitäten und finanzielle Mittel für eine neue Städtepartnerschaft in der Ukraine geschaffen werden. „Es kann am Anfang ja auch eine informelle Freundschaft sein“, sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende.

Idee findet keine Zustimmung

Dem konnten sich nicht alle Stadträte anschließen. Unter anderem auch, da es in der Region Rosenheim bereits eine Vielzahl an Hilfsaktionen für die Ukraine gibt, sagte Robert Multrus, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler/UP. Eine Städtepartnerschaft sei zudem nicht die richtige Hilfe. Und auch gar nicht notwendig, um Solidarität zum Ausdruck zu bringen, ergänzte Dr. Wolfgang Bergmüller, CSU-Fraktionsvorsitzender.

Letztendlich wurde der Antrag mit 7:4 Stimmen abgelehnt.

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