Wie Lucky Hell zufällig Schwertschluckerin wurde

von Redaktion

Im Rosenheimer Weihnachtscircus tritt die Schwertschluckerin Lucky Hell (40) auf. Die gebürtige Australierin entdeckte ihr Talent zufällig und fliegt für ihre Show sogar mit einer Klinge im Körper durch die Manege. Ein Beruf voller Risiken, für den sie auch persönliche Opfer bringt.

Rosenheim – Wenn Lucky Hell das tut, was sie am besten kann, geht ein Raunen durch die Zuschauer. Manchmal können Menschen nicht hinsehen und müssen den Kopf abwenden. Lucky Hell ist Schwertschluckerin. Beim Rosenheimer Weihnachtscircus auf der Loretowiese fliegt sie mit dem Schwert im Körper auch mal durch die Manege. Ihr Talent hat sie allerdings nur durch Zufall entdeckt.

Reisen ist ihre
große Leidenschaft

„Ich lernte damals jemanden kennen und lieben, der in diesem Bereich tätig war“, erzählt Lucky Hell, die ursprünglich aus Australien kommt. Sie zog mit ihrem damaligen Partner nach Finnland, wo er als Künstler in einer sogenannten „Sideshow“ arbeitete. Dabei handelt es sich um Aufführungen, die zusätzlich zum normalen Zirkus-Programm angeboten werden.

„Er war Feuerspucker und hat sich zum Beispiel auch Nägel in die Nase gehämmert“, erinnert sich die 40-Jährige. Sie spricht im Interview Englisch und nennt das Ganze liebevoll „Freak Show Stuff“ – skurriles Zeug.

Lucky Hell fing damit allerdings nur an, weil sie reisen wollte. „Das Reisen ist die erste große Leidenschaft, die ich hatte“, betont sie. Die Künstlerin liebe es, andere Länder kennenzulernen, die Sprache zu hören, die Landschaft und die Architektur zu sehen. „Aber ohne Geld ist es sehr schwer, zu reisen“, sagt sie. Als sie miterlebte, dass ihr Partner in seinem Job aber genau dafür bezahlt wurde, habe sie sich auch etwas Kurioses ausgedacht.

Anfangs konzentrierte sie sich auf das Kunststück, bei dem man sich einen Nagel in die Nase hämmert. Das wird auch „Human Blockhead“ genannt. „Dafür habe ich einen Hammer mit Glitzersteinen verwendet. Ich wollte immer Niedliches mit Schockierendem kombinieren“, erzählt die Artistin.

„Das Schwert rutscht
quasi von selbst runter“

Noch einen Schritt weiter zu gehen und es mit dem Schwertschlucken zu versuchen, sei ihr anfangs gar nicht in den Sinn gekommen. Schließlich handle es sich dabei um die „Königsdisziplin der Sideshow“.

„Dann beschloss mein Partner, das Schwertschlucken zu lernen“, erinnert sich Lucky. Er habe es versucht, immer wieder, doch ihm sei es einfach nicht gelungen. „Es war fast wie in einer Komödie“, sagt die Künstlerin und schmunzelt. Ihr Partner habe sie aufgefordert, es doch einmal selbst zu versuchen. Und es klappte sofort. „Für mich ist es rein anatomisch viel einfacher. Wenn ich gar nicht darüber nachdenke, rutscht das Schwert quasi von selbst runter“, erklärt Lucky Hell. Also beschloss sie im Jahr 2011, selbst Schwertschluckerin zu werden.

Klar ist aber: Dabei handelt es sich um einen gefährlichen Beruf. „Ich muss mit dem Schwert immer sehr vorsichtig sein“, betont die 40-Jährige. Vor allem, wenn sie mal wieder durch die Luft fliegt, während die Klinge so tief in ihrem Körper steckt, dass nur noch der Griff aus dem Mund ragt. „Dabei muss das Innere meines Körpers sehr entspannt sein, während der Rest angespannt bleibt“, erklärt Lucky. Hinzu kommt, dass sich zwar ihr Körper bewegt, das Schwert aber nicht. Das könne sie auch spüren. „Wenn ich sehr aufgeregt bin, merke ich, wie das Herz gegen das Schwert schlägt“, sagt die Australierin.

Durchbruch beim
Cirque du Soleil

Dennoch, sagt Lucky und klopft dreimal auf Holz, habe sie sich bisher keine schlimmeren Verletzungen zugezogen. Zweimal brach sie sich einen Zahn ab, einmal schnitt sie sich ins Knie. „So etwas passiert, wenn ich ein wenig zu energisch bin“, erzählt die Artistin und schmunzelt. Die Schwerter seien zwar nicht scharf, aber dennoch eine gefährliche Waffe. „Sie sind sehr schwer.“

Anfangs sei sie immer wieder auf kleinen Veranstaltungen aufgetreten. Bis sie einige Monate später von einem berühmten Zirkusdirektor entdeckt wurde: Franco Dragone. Der Theaterregisseur wurde unter anderem durch seine Arbeit mit dem Cirque du Soleil bekannt. „Ich habe eine E-Mail von diesem Unternehmen bekommen“, erinnert sich Lucky Hell. Anfangs habe sie sogar gedacht, es handele sich um eine Betrugsmasche. Heute muss sie lachen, wenn sie daran zurückdenkt.

Seit sie erstmals beim Cirque du Soleil auftrat, ist das Schwertschlucken ihr Vollzeitjob. In ihrem Beruf gebe es allerdings immer Jahre, in denen sie mehr arbeite, und Jahre, in denen weniger Auftritte auf dem Programm stünden. „Sicherheit, das ist das, was wir für diesen Job aufgeben“, sagt die Artistin. So wisse sie etwa nicht immer, wo sie als Nächstes arbeitet.

Publikum reagiert nicht
immer nur mit Jubel

Ihr Publikum reagiert aber nicht immer nur mit Jubel, wie Lucky Hell erzählt. „Manchmal höre ich, wie die Zuschauer nach Luft schnappen, manchmal sehen sie sogar weg.“ Doch für sie sei das eigentlich auch eine gute Reaktion. „Schwertschlucken ist nicht einfach. Und durch solche Reaktionen wird das deutlich“, betont die Künstlerin.

Noch bis zum 6. Januar wird sie in der Manege des Rosenheimer Weihnachtscircus ihre Show zeigen. Und am 3. Januar sogar ihren 41. Geburtstag auf der Bühne feiern. Ihren Job will sie noch so lange ausüben, wie es eben geht. „Tatsächlich ist der Lebensstil anstrengender als der Auftritt an sich“, betont Lucky. Das viele Reisen, das ihr der Job ermöglicht, will sie aber dennoch nicht missen.

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