München – Hamburger und die Handball-Nationalmannschaft haben eine lange Tradition. Seit der EM 2002 ist es üblich, dass sich das Team bei großen Turnieren nach dem Halbfinal-Einzug zur Belohnung geschlossen bei McDonalds verlustiert. Diesmal gab es vor der Abreise nach Wien, wo morgen das erste Hauptrundenspiel gegen Weißrussland stattfindet, bereits nach Abschluss der Vorrunde in Trondheim Burger. Zubereitet wurden sie allerdings nicht vom amerikanischen Fast-Food-Spezialisten, sondern von Teamkoch Nils Walbrecht und besondere Verdienste hat sich die DHB-Truppe in den ersten drei EM-Spielen auch nicht erworben.
Nach den teils erschreckend desaströsen Auftritten gegen Spanien (26:33) und Lettland (28:27) ist es vermessen weiterhin vom Halbfinale mit deutscher Beteiligung zu träumen. Bundestrainer Christian Prokop tut es trotzdem. „Ich möchte nicht von den Zielen abrücken, weil es die Mannschaft verdient, dass wir daran glauben“, sagte der 41-Jährige. Doch selbst der als akribisch geltende Coach erkannte „Defizite“ und bestätigte, dass sich das Team „gerade nicht in den Leistungssphären“ befinde, die man für „ein Halbfinale bräuchte“. Eine Aussage, die beim Blick auf viele Leistungsteilbereiche fast noch untertrieben wirkt. Die Statistik verrät: Der DHB hatte in jeder Partie knapp 150 erfolgreiche Pässe weniger als der Gegner.
Außerdem kassierte man die viertmeisten Zeitstrafen (15). Auch in der Tempogegenstoß-Statistik und bei den verwandelten Siebenmetern belegt man nur die hinteren Plätze bei der EM.
Im Moment sei man noch nicht in der Lage Großmächte wie Vorrundengegner Kroatien zu schlagen, „aber vielleicht sind wir das in zwei Spielen“, sagte Prokop. Immerhin: Der Spielplan meint es gut mit den deutschen Handballern, denn Weißrussland ist zumindest nicht übermächtig, erst am Samstag warten die ungeschlagenen Kroaten. Zwei Tage später folgt das Duell mit Gastgeber Österreich. Und zum Abschluss trifft man Tschechien oder Nordmazedonien). Linksaußen Uwe Gensheimer (33) forderte dennoch, die Ansprüche „runter“ zu schrauben. Auch der Kapitän, der nur eine Trefferquote von 63 Prozent (10 von 16 Versuchen) aufweist und drei von sieben Siebenmetern versenkte, taugt bisher nicht zum großen Anführer. Allerdings, so die Vermutung von Bob Hanning, habe man sicher bisher auch zu viel auf Einzelpersonen verlassen. „Wir müssen aus der Komfortzone raus“, sagte der DHB-Vizepräsident und ergänzte bei RTL: „Momentan sind wir so ein bisschen in der Situation, dass wir die Verantwortung auf die Anderen schieben, oder auf den anderen Mitspieler.“
Noch flüchtet man sich beim DHB-Tross, aus dem bisher nur Julius Kühn von der MT Melsungen trotz geringer Spielzeit von nur 57 Minuten mit 88 Prozent Trefferquote (14 von 16) überzeugte, ins Prinzip Hoffnung. Hanning und Prokop verwiesen aufs „Steigerungspotenzial“, Kühn glaubt dass das neue Umfeld „vielleicht ein bisschen beflügelt“ und Gensheimer hofft, dass die „niedrigeren Ansprüche“ auch das Denken ändern und man mit einer anderen Einstellung in die kommenden Endspiele gehe.
Dennoch, dass die Spieler bei diesem Turnier noch einmal Burger genießen dürfen, ist fraglich.