Eine magische Nacht – fünf Geschichten

von Redaktion

Elfmeter-Held Jorginho und Chiellinis Psychospielchen: Der Blick hinter Italiens Erfolg

VON JONAS AUSTERMANN

München – Was für eine magische Nacht! Italien steht nach dem Elfmeterkrimi gegen Spanien (5:3) im Finale der Europameisterschaft und ist nur noch einen Schritt vom zweiten Kontinental-Triumph nach 1968 entfernt. „Das Ganze ist ein Projekt von drei Jahren, aber die Arbeit muss noch beendet werden“, meinte der italienische Coach Roberto Mancini, der die Azzurri nach der verpassten WM-Qualifikation 2018 übernommen hatte. Ein Sieg am Sonntag (21 Uhr, ZDF und MagentaTV) fehlt noch zur Krönung. Unsere Zeitung blickt auf das Halbfinale zurück und erzählt die Geschichten hinter dem Erfolg.

Elfmeter-Held Jorginho: Der coolste Elfmeter kam zum Schluss! Der gebürtige Brasilianer Jorginho (29) lief an, sprang beim vorletzten Schritt, schob die Kugel eiskalt ins rechte Eck – und schickte Italien ins Finale. Spaniens Keeper Unai Simon hatte sich etwas zu früh bewegt und keine Chance mehr. Ihm war es ergangen wie zahlreichen Torhütern zuvor. 30 verwandelte Elfmeter weist die Statistik für Mittelfeld-Regisseur Jorginho aus – bei vier Fehlversuchen. „Es fühlt sich wunderbar an“, meinte Italiens Held. Seine Reise ist ohnehin eine beeindruckende: Mit 15 Jahren zog er allein von Brasilien nach Verona, lebte zeitweise in einem Kloster und von 20 Euro in der Woche. Es war seine Mutter, die ihn mit 17 davon abhielt alles hinzuschmeißen. Heute weiß Jorginho, warum.

Die Chiesas lieben England: Wie der Vater, so der Sohn! Federico Chiesa (23) besorgte gegen Spanien die italienische Führung. Er sagte: „Das war ohne Zweifel die schönste Nacht meiner Karriere. Ein unglaublicher Traum!“ Zuvor hatte der Juve-Star schon in der Verlängerung des Achtelfinals gegen Österreich ein Tor in Wembley erzielt. Eine Neuheit war das für die Familie Chiesa allerdings nicht. Papa Enrico (50) hatte bei der EM 1996 im Gruppenspiel gegen Tschechien (1:2) bereits einen Treffer für die Azzurri erzielt. Ebenfalls auf englischem Boden, allerdings in Liverpool. Kurios: Beide Chiesas spielten in der italienischen Auswahl mit Torhüter-Legende Gianluigi Buffon (43) zusammen.

Der schöne Co-Trainer: Wenn die Italiener vor Anpfiff ihre Hymne schmettern, ist das ohnehin schon ein Schauspiel. Noch besser wird’s aber, wenn die Bank der Azzurri eingeblendet wird. Dort stehen neben Chefcoach Mancini (56) seine Assistenten Gabriele Oriali (68), Alberico Evani (58) und Gianluca Vialli (56). Vor allem Evani ist mit seiner markanten Brille, dem vollen Haar und seinem perfekt getrimmten Bart stets besonders auffällig. Die Mode-Website Mr. Porter hat sich in Alberico, Spitzname Chicco, verguckt und schreibt: „Er sieht aus wie ein Mailänder Schneider oder ein Uhrmacher. Er sollte auf einem Platz in Rom Campari trinken und keine vulgären Dinge tun, wie eine Trainingseinheit leiten.“

Chiellinis Psychospielchen: Schon vor dem ersten Elfmeter machte sich das Gefühl breit, Italien könne kaum verlieren. Der Grund: Kapitän Giorgio Chiellini trat bei der Seitenwahl vor dem Elferschießen so selbstbewusst auf, dass Gegenüber Jordi Alba die Laune verging. Erst diskutierten die beiden gestenreich mit dem Münchner Schiedsrichter Felix Brych, wer die Seite wählen darf. Chiellini nahm die Verwirrung mit Humor. Er scherzte, schubste den Spanier freundschaftlich und rief „Lügner, Lügner!“. Dann drückte er Alba so richtig herzlich – dem Spanier missfiel das offensichtlich total.

Hiergeblieben, Herr Bonucci: Italiens Abwehr-Recke Leonardo Bonucci (34) feierte nach dem Sieg ausgiebig mit den Tifosi. Ein Fan wollte sogar von der Tribüne zu seinem Idol springen, die Ordner aber stoppten ihn. Als Bonucci zurück zu seinen Teamkollegen wollte, hielt auch ihn eine Ordnungskraft auf. Der Mann von Juve schaute irritiert, die Frau realisierte nach einigen Sekunden schließlich, wer da vor ihr stand. Bonucci drückte die Dame und durfte schließlich durch.

Artikel 8 von 11