643 Wildunfälle pro Tag

von Redaktion

Im Herbst setzt die Dämmerung wieder früher ein und die Gefahr steigt

Das Risiko von Wildunfällen steigt: Im vergangenen Jahr gingen nach Angaben des Automobilclubs von Deutschland (AvD) 234860 Verkehrsunfälle mit Wildtieren in die Statistik ein. Das entspricht rechnerisch 643 Fällen pro Tag. Gegenüber dem Vorjahr beträgt der Anstieg aller Wildunfälle nur knapp ein Prozent, jedoch sind die Unfälle mit Damwild um acht Prozent und die mit Rotwild um 11,3 Prozent gestiegen, während Schwarzwild (Wildschweine) als Unfallgegner gleichzeitig um fast ein Drittel zurückgegangen sind. Dennoch sind Zusammenstöße mit Wildschweinen mittlerweile auch nicht mehr in Städten, etwa in der Nähe von Grünanlagen, auszuschließen. Die meisten Wildtiere sind vor allem in der Morgen- und Abenddämmerung aktiv, die jetzt im Herbst früher einsetzt.

Wucht des Aufpralls 800 Kilogramm

Die Energie, die bei einer Kollision mit einem Tier frei wird, ist beträchtlich und steigt in Abhängigkeit von der Fahrgeschwindigkeit beim Aufprall exponentiell. Wird ein 20 Kilogramm wiegender Rehbock mit Tempo 60 angefahren, beträgt die Wucht des Aufpralls rund 800 Kilogramm. Speziell bei Reh-, Dam- und Rotwild mit ihren langen Beinen, sind Zusammenstöße für alle Beteiligten in der Regel fatal: Stoßstange und Kühlergrill des Autos hauen dem Tier buchstäblich die Beine weg. Der Körper des Tieres landet auf der Motorhaube und trifft anschließend nahezu ungebremst auf die Windschutzscheibe. Die bietet oft nicht genug Schutz, sodass das Tier durchaus im Fahrzeuginneren landen kann.

Um das Risiko eines Wildunfalls zu reduzieren, rät der AvD zu folgenden Verhaltensmaßnahmen vor und nach dem Zusammenstoß:

– Auch in der Nähe städtischer Grünanlagen ist mit Wildtieren zu rechnen, nicht nur in Wald und Wiesen. Warnschilder daher unbedingt beachten.

– Die größte Gefahr droht bei Nebel, während der Morgen- und Abenddämmerung sowie bei Nacht.

– Auf neuen Straßen durch Waldgebiete und entlang von Feldern besteht ein nochmals erhöhtes Risiko, da das Wild seine Wechsel lange Zeit beibehält.

– Die Geschwindigkeit und Fahrweise den Sicht- und Witterungsverhältnissen anpassen.

– Tauchen etwa Rehe oder Wildschweine am Straßenrand auf, bremsen und hupen, um die Tiere zu verscheuchen. Achtung: Wildlebende Tiere sind selten allein unterwegs.

– Bei Dunkelheit möglichst mit Fernlicht fahren. Die vergleichsweise großen Tieraugen reflektieren das Licht, was ihre Erkennbarkeit etwas verbessert. Sind helle Punkte im Seitenbereich der Fahrbahn erkennbar, sofort abblenden. Andernfalls können die Tiere die Orientierung verlieren und laufen dann instinktiv auf die Lichtquelle zu oder bleiben stehen.

– Heftige Ausweichmanöver vermeiden, wenn ein Tier plötzlich im Scheinwerferlicht auftaucht.

– Erscheint ein Zusammenstoß unvermeidbar, bremsen und das Lenkrad gerade halten.

– Kam es zum Zusammenstoß, sofort anhalten, Warnblinklicht einschalten, Warnweste anziehen und die Unfallstelle absichern. Das Warndreieck in ausreichender Entfernung (Minimum 100 Meter) aufstellen. Bei Dunkelheit die Fahrzeugbeleuchtung eingeschaltet lassen. Gegebenenfalls verletzten Personen helfen und Notruf absetzen.

– Befindet sich das angefahrene Wild auf der Straße oder am Fahrbahnrand, auf keinen Fall anfassen – Tollwutgefahr. Bergen des Tieres ist Aufgabe des Försters oder Jagdpächters. Deshalb neben der Polizei später auch den Förster informieren.

Der AvD weist darauf hin, dass eine Versicherung Schäden auch dann übernehmen muss, wenn diese nicht unmittelbar durch Kontakt mit einem Wildtier verursacht wurden. Wer beispielsweise dem Tier ausweicht, ohne es zu berühren, und dabei mit einem Baum kollidiert oder im Straßengraben landet, hat dennoch Anspruch auf Schadenersatz durch die Teilkasko. Da dann meist keine Wildspuren am Fahrzeug zu finden sind, ist es ratsam, Namen und Adresse von Zeugen oder Helfern zu notieren, denn der Autofahrer hat die Beweislast, dass der Schaden tatsächlich durch ein Ausweichmanöver wegen eines kreuzenden Wildes entstanden ist.

Die herrschende Rechtsprechung sieht vor, dass ein Versicherer auch dann zahlen muss, wenn das Ausweichen vor einem Kleintier, etwa einem Fuchs, in einem Unfall mündet. Allerdings ist die Versicherung in solchen Fällen unter Umständen berechtigt, den Anspruch des Geschädigten zu kürzen.

Kommt es bei der Durchsetzung von Ansprüchen zu Problemen, ist aufgrund der oftmals komplexen Rechtslage anwaltliche Hilfe ratsam, so der AvD. ampnet/jri

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