Kaum drei Jahre ist es her, als sich Angebote am Immobilienmarkt in halbwegs attraktiven Lagen noch quasi von selbst verkauften. Krisenzeiten und Nachfrageschwund rücken nun den Berufsstand des Maklers wieder in den Vordergrund. Auf ihn kommt es immer mehr an, um gerade für hochpreisige Immobilien einen Käufer zu finden. Und eben diese Makler greifen dabei auf immer modernere Methoden zurück.
Jeder Raum muss mit
Leben gefüllt werden
Hochpreisig ist auch die Immobilie in München-Neuhausen: „Friends Tower“ nennt sich der 2014 erbaute Wohnkomplex, in der sich Luxuswohnungen mit Concierge-Service, gemeinsamer Dachterrasse und Fitness-Studio vereinen. „Jeder Raum muss mit Leben gefüllt werden“, erklärt Britta Beier, eine von zwei Geschäftsführerinnen des Münchner Maklerunternehmens Emalyn, ihre Philosophie, mit der sie auch in schlechten Zeiten ihren Kunden diese Art von teuren Immobilien schmackhaft machen will. Dahinter stehen konkrete Methoden, die sich vor allem auf ein neues wissenschaftliches Feld beziehen: das des Neuromarketings.
Einst hatten Ökonomen einen rein rational denkenden Kunden vor Augen. Tatsächlich revidiert sich diese Annahme immer mehr, auch aufgrund neuer Erkenntnisse aus der Neurowissenschaft. Demnach versorgten die fünf Sinne (Schmecken, Hören, Fühlen, Sehen, Riechen) den Menschen pro Sekunde mit elf Millionen Bits an Informationen, gleichzeitig würden ihm davon nur 40 bis 50 Bits bewusst. Auf den Kauf angewendet, bedeutet dies: Überwiegend entscheidet der Kunde unterbewusst sowie aufgrund vorwiegend emotionaler Gründe, und segnet diese Entscheidung daraufhin auf Verstandesebene nur noch einmal final ab.
Wenn man in das angebotene Apartment im „Friends Tower“ kommt, riecht es frisch nach Minze und Salbei. „New Start“ heißt der Duft, konzipiert von der Firma Beautifulscents, bei der unter anderem Neuropsychologen und Homöopathen verschiedene Bestandteile aus der Natur aufeinander abstimmen, um so Stimmungen und Emotionen der Käufer zu beeinflussen. Der „neue Start“ ist auch Motto des fürstlichen Apartments, ist das doch für den spielfreudigen (Neu-)Single vorgesehen. Entsprechend gestaltet ist die Möbelauswahl, hochwertiges Designerfurnier poliert szenisch die Wohnung auf und erweckt beim Kunden im besten Fall das Gefühl des Nachhause-kommens. Ein paar geschickte Gimmicks – die Männerzeitschrift im Regal und das Erotikmodel im aufgeklappten Fotobuch – sollen für weitere, gefühlte Verbundenheit mit dem Objekt sorgen.
Doch es geht natürlich auch anders. Beier und die zweite Geschäftsführerin Aika Rocholl vertreten auch die Doppelhaushälfte für die Familie. Hier steht das hochwertige Spielzeug im Regal – und statt nach Minze oder Salbei riecht es nach Kindheitserinnerung: „Bei Besichtigungen schieben wir gern etwas in den Ofen und setzen Kaffee auf“, erzählt Rocholl, die sich als langjährige kreative Leiterin bei bedeutenden Fashion-Unternehmen mit der Wirkung von Emotionen auskennt. Den Duft nach gebackenen Keksen und frischem Kaffee könne dann am Ende kaum jemand widerstehen. Foto Christoph Kastenbauer