Herr Versen, zum Wintersemester ist das Rosenheimer Studienmodell an Ihrer Fakultät gestartet. Was verbirgt sich dahinter?
Wir stellen fest, dass sich immer mehr junge Leute für ein duales Studium interessieren, also ein Studium mit integrierter Berufsausbildung beziehungsweise Praxisphasen in einem Unternehmen. In der Schule gibt es fast ausschließlich Theorie, daher wollen sie die Praxis kennenlernen. Unser Modell bietet genau das, da es optimal auf eine intensive Verzahnung zwischen Theorie und industrieller Praxis ausgerichtet ist. Es eignet sich sowohl für ein duales Studium, bei dem die Studierenden in einem festen Arbeitsverhältnis mit einem Industrieunternehmen stehen, als auch für frei Studierende, die keine feste Bindung zu einem Unternehmen haben.
Wie sieht dieser Praxisbezug im Studium aus?
Im Rosenheimer Studienmodell besteht die Möglichkeit, das studienbegleitende Praktikum in einem klassischen Praxissemester oder in den vorlesungsfreien Zeiten zwischen den Theoriephasen abzuleisten. Letztere Variante bietet im fünften Semester zusätzliche Möglichkeiten für eine Tätigkeit im Unternehmen durch eine reduzierte Vorlesungszahl. Zudem besteht die Möglichkeit, das Praxissemester im Ausland zu verbringen. In jedem Fall können die Studierenden ihr theoretisches Wissen schon während des Studiums praktisch anwenden, was ein großer Vorteil ist.
Inwiefern hebt sich die TH Rosenheim mit diesem Modell in der Bildungslandschaft ab?
Einen so hohen Praxisbezug bekommt man sonst nirgendwo in einem Ingenieursstudium in Bayern. Wer bei uns studiert, hat die besten Karten auf dem Arbeitsmarkt. Wir wollen die erste Anlaufstelle für diejenigen sein, die besonders hohen Wert auf eine praxisnahe Ausbildung legen. Für 2023 erwarten wir die Re-Akkreditierung unseres dualen Modells durch die Stiftung Akkreditierungsrat, das ist dann sozusagen wieder das offizielle Gütesiegel.
Dual Studierende dürften für Unternehmen sehr interessant sein.
Absolut. Durch die Investition in dual Studierende können Unternehmen qualifizierte Fachkräfte von morgen frühzeitig an sich binden. Das Geld ist sicher besser angelegt als in klassischen Stellenanzeigen. Als Hochschule sind wir stets auf der Suche nach Industriepartnern, dazu wird es am 13. Januar auch eine Informationsveranstaltung geben.
Frau Strübbe, ein wichtiges Ziel der Fakultät ist zudem, mehr junge Frauen für einen technischen Studiengang zu gewinnen. Wie gelingt das?
Mit Themen, die Frauen interessieren. Ein gutes Beispiel ist der Studiengang Medizintechnik, der seit gut einem Jahr läuft. Hier haben wir einen Frauenanteil von etwa 40 Prozent. Unser neuer Studiengang Nachhaltige Polymertechnik wiederum adressiert junge Menschen, denen das Thema Nachhaltigkeit am Herzen liegt, und das ist bei vielen Frauen der Fall.
Manche Schulabgängerin tut sich vielleicht etwas schwer, den für sie passenden technischen Studiengang zu finden.
Das ist richtig, und daher ermöglichen wir unseren Studierenden ein Maximum an Flexibilität. Die Lehrpläne der Studiengänge bieten eine breite Auswahl an Wahlmodulen, mit denen man sich sein Studium individuell je nach persönlichen Interessen zusammenstellen kann.
Herr Versen, noch ein paar Worte zum Studiengang International Bachelor of Engineering, der im Sommersemester 2023 startet. Was hat es damit auf sich?
Dieses Angebot richtet sich vor allem an Studierende aus dem Ausland. Sie beginnen ein ingenieurtechnisches Bachelorstudium auf Englisch. Während der ersten drei Semester verbessern sie zusätzlich ihre Deutschkenntnisse, um das Studium ab dem vierten Semester auf Deutsch fortzusetzen. Damit wollen wir zusätzliche Fachkräfte für den heimischen Arbeitsmarkt ausbilden.