„Ein Nackenschlag für die Konjunktur“

von Redaktion

Das Coronavirus trübt die Aussichten für die Konjunktur. Der Internationale Währungsfonds schraubt seine Wachstumsprognosen nach unten, immer mehr Ökonomen sind in Sorge. Die Hoffnungen an der Börse richten sich nun auf die Notenbanken: Sie dürften die Geldpolitik noch weiter lockern.

München/Frankfurt – Die Nachrichtenlage rund um das Coronavirus ist beunruhigend. Auch die Wirtschaft gerät zunehmend in Mitleidenschaft, denn China ist für Europa ein gewaltiger Absatzmarkt. Da erschrecken Zahlen, nach denen der Autoabsatz in China in den ersten beiden Februar-Wochen um über 90 Prozent eingebrochen ist, Ökonomen weltweit.

Gerade hatte sich eine Erholung der Konjunktur insbesondere in Deutschland angedeutet, schon könnten die Auswirkungen des Coronavirus den Aufschwung stoppen. „Die Frühjahrsbelebung fällt erwartungsgemäß schwach aus“, sagte Marc Schattenberg von der Deutschen Bank. Seine Kollegin Katharina Utermöhl von der Allianz-Gruppe hält sogar ein leichtes Schrumpfen der Wirtschaftsleistung im ersten Quartal für möglich. Für das Gesamtjahr sieht sie nur noch ein Wachstum von 0,5 Prozent.

Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat seine Wachstumsprognose für China gesenkt. Der Fonds erwarte nun für 2020 ein Wirtschaftswachstum von 5,6 Prozent statt der noch im Januar vorhergesagten 6,0 Prozent, sagte IWF-Chefin Kristalina Georgiewa. Das Wachstum der Weltwirtschaft werde wegen des Coronavirus voraussichtlich 0,1 Prozent geringer ausfallen. Hier hatte der IWF vor Kurzem noch 3,3 Prozent Zuwachs im laufenden Jahr erwartet. Man gehe bei diesem Szenario davon aus, dass die chinesische Wirtschaft im zweiten Quartal zur Normalität zurückkehrt, sagte Georgiewa. Die chinesischen Behörden arbeiteten daran, die negativen Auswirkungen auf die Wirtschaft abzumildern. Die Folgen für die Weltwirtschaft könnten so relativ gering und von kurzer Dauer sein.

Auch die chinesische Notenbank hat bereits reagiert und die Zinsen gesenkt. Auch von anderen großen Notenbanken wird an den Börsen nun erwartet, dass sie ihre Geldpolitik locker halten oder gar noch weiter lockern. Das gilt insbesondere für die amerikanische Notenbank, die – anders als die europäische – bei den Leitzinsen noch Spielraum nach unten hat.

Die IWF-Chefin räumte ein, es gebe noch große Unsicherheiten: „Viele Szenarien können sich abspielen, je nachdem, wie schnell das Virus eingedämmt wird und wie schnell sich die chinesischen und anderen betroffenen Volkswirtschaften wieder normalisieren“, sagte Georgiewa.

Die Industrie in Deutschland leidet unter Lieferengpässen in Folge des Coronavirus und spürt bereits die Absatzschwäche. „Das ist ein Nackenschlag für die Erholung der Konjunktur“, sagte Schattenberg. Ein Ende der konjunkturellen Talsohle, das eigentlich im ersten Quartal 2020 erwartet worden war, könnte sich somit bis ins zweite oder dritte Quartal verzögern.

Insgesamt sehen die Volkswirte die konjunkturelle Situation in Deutschland schwieriger als noch vor wenigen Monaten. „So gut wie alle Frühindikatoren zeigen abwärts“, sagte Jens-Oliver Niklasch von der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW). Das Wachstum sieht er nur noch bei 0,4 Prozent für das Gesamtjahr.

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