Wiesbaden – Deutschland steuert nach einem überraschend deutlichen Rückgang der Wirtschaftsleistung zum Jahresende 2022 auf eine Winterrezession zu. Gesunkene Konsumausgaben der Verbraucher in Zeiten hoher Inflation und rückläufige Investitionen würgten die Konjunktur im vierten Quartal 2022 ab. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) schrumpfte nach am Freitag veröffentlichten Daten des Statistischen Bundesamts gegenüber dem Vorquartal um 0,4 Prozent. In einer ersten Schätzung war die Behörde von einem Rückgang um 0,2 Prozent ausgegangen. „Der Energiepreisschock hat im vierten Quartal seinen Tribut gefordert“, sagte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer.
Nach Einschätzung von Volkswirten dürfte das Bruttoinlandsprodukt auch im ersten Vierteljahr des laufenden Jahres preis-, saison- und kalenderbereinigt schrumpfen.
Damit würde Deutschland in eine Winterrezession rutschen: Sinkt das Bruttoinlandsprodukt zwei Quartale in Folge, sprechen Ökonomen von einer technischen Rezession. „Wegen des Ausbleibens einer Gasmangellage und der umfangreichen staatlichen Hilfen erwarte ich jedoch nach wie vor keine tiefe Rezession“, sagte Krämer.
Die hohe Inflation belastete im Schlussquartal 2022 den Privatkonsum, der nach dem Ende der Corona-Beschränkungen die Konjunktur im Laufe des vergangenen Jahres zunächst gestützt hatte. Die Investitionen am Bau sanken nach jahrelangem Boom das dritte Quartal in Folge. Gestiegene Zinsen und hohe Materialkosten führen dazu, dass Hausbauer und große Investoren sich zurückhalten oder begonnene Projekte stornieren. Die Investitionen der Unternehmen in Ausrüstungen wie Maschinen, Geräte und Fahrzeuge verringerten sich ebenfalls. „Zum Jahrestag des Ukrainekriegs sehen wir deutlich die Folgen für das Wachstum in Deutschland“, sagte Stefan Schneider, Chefvolkswirt Deutschland bei der Deutschen Bank. dpa