Die meisten gehen pünktlich mit Erreichen der Regelarbeitszeit in Rente. Deshalb ist für die Ökonomen das gesetzliche Eintrittsalter die wichtigste Stellschraube, um die demografischen Probleme zu mildern. © Frank Hormann, dpa
Berlin – Die Bundesbank plädiert für eine weitere Anhebung des Rentenalters. „Die Altersgrenze für den frühestmöglichen Rentenzugang und das gesetzliche Rentenalter könnten an die Lebenserwartung gekoppelt werden“, empfehlen die Frankfurter Währungshüter in ihrem jüngsten Monatsbericht. Die abschlagsfreie Rente nach 45 Versicherungsjahren solle beendet werden. „Längere Erwerbsleben würden der demografischen Entwicklung entgegenwirken, den Arbeitsmarkt und die Staatsfinanzen entlasten.“
Nach Einschätzung der Ökonomen sind das Renteneintrittsalter und die damit verbundenen Regelungen die wichtigsten Stellschrauben für eine Stabilisierung der Rentenfinanzen. Eine weitere Erhöhung der Altersgrenze könne ab dem Jahr 2031 greifen, wenn der Anstieg auf 67 Jahre vollendet worden ist. Der letzten Prognose der Bundesbank zufolge würde eine Koppelung des Rentenalters an die Lebenserwartung den Beitragssatz um etwa zwei Prozentpunkte verringern können. Derzeit liegt er bei 18,6 Prozent. Prognosen gehen jedoch von einem Anstieg auf 22,3 Prozent bis Mitte des kommenden Jahrzehnts aus. Die Beiträge zahlen Arbeitgeber und Arbeitnehmer je zur Hälfte.
19 Prozent Abschlag für Frührentner
Die Bundesbank rät auch zu einer Reform der Frührente ab 63 Jahren für Versicherte, die 35 Beitragsjahre beisammen haben. Für jeden Monat vor dem Erreichen des Rentenalters werden bisher 0,3 Prozent von der Rente abgezogen, maximal kann die Kürzung 14,4 Prozent betragen. Laut Monatsbericht müssten die Abschläge bei einer fairen Berechnung angehoben werden. Die Bundesbank hält Abschläge von bis zu 19 Prozent für angemessen. Auch plädieren die Experten für eine Koppelung dieser Altersgrenze an die Lebenserwartung.
Das würde sich auf die finanzielle Lage der Vorruheständler deutlich auswirken. Wer mit 63 Jahren aufhört zu arbeiten und einen Rentenanspruch von 1000 Euro angesammelt hat, bekäme statt bisher 856 Euro nur noch 810 Euro Ruhegeld. Bei 2000 Euro statt 1712 Euro nur 1620 Euro. Auf der anderen Seite würde für die Versicherten ein freiwilliger Ausgleich der Abschläge teurer. Die tatsächliche Höhe hängt hier vom Einzelfall ab.
Die Bundesbank begründet ihre Empfehlung mit der Entwicklung des tatsächlichen Renteneintrittsalters. Es ist mit der stufenweisen Anhebung des Rentenalters seit 2011 von einer Ausnahme abgesehen in gleichem Maße angestiegen. Nur nach der Einführung der abschlagsfreien Rente mit 63 gingen plötzlich viele Versicherte vorzeitig in den Ruhestand. Daher erwarten die Ökonomen, dass sich das tatsächliche Rentenalter auch bei einer weiteren Erhöhung der Regelaltersgrenze in gleichem Maße erhöhen würde.
Die Bundesregierung hat bisher keinen der Ratschläge aufgenommen. „Damit bleiben maßgebliche rentenpolitische Stellschrauben ungenutzt“, kritisiert die Bundesbank. Von den Plänen der Koalition erwarten die Ökonomen wenig. Union und SPD wollen den Verbleib im Berufsleben im Rentenalter steuerlich fördern. Bis zu 2000 Euro können Ruheständler demnach bald steuerfrei hinzuverdienen. Schon bisher wird das Weiterarbeiten belohnt. Pro Monat erhöhte sich der Rentenanspruch um 0,5 Prozent. Doch diese Regelung wird laut Bundesbank kaum angenommen. Nur drei Prozent der Neurentner scheiden mit diesen Zuschlägen aus. Dagegen hören 40 Prozent der Neurentner pünktlich mit dem Erreichen der Regelaltersgrenze auf. Rund 20 Prozent gehen, sobald sie 45 Beitragsjahre voll haben, abschlagsfrei in Rente. Mit Abschlägen verabschiedet sich jeder achte Versicherte aus der Erwerbstätigkeit.