München – Ein Format des Bayerischen Rundfunks sorgt derzeit nicht nur im Internet für Wirbel – sogar die Bayerische Staatsregierung meldet sich jetzt zu Wort. Mal wieder ist es das Thema Gendern, das die Gemüter erhitzt. Dieses Mal steht Claudia Stamm, Ex-Grünen-Politikerin, im Mittelpunkt der Kritik.
Sie moderiert am 31. Mai die Online-Podiumsdiskussion „Diversity Talk 2022“. Das Format richtet sich an Schüler. In dem 42-minütigen Video spricht Stamm mit fünf Gästen – Schülern, einer Sängerin, einer Journalistin und mit BR-Pressesprecher Markus Huber. Das Thema „Gendern: Modeerscheinung oder Sprach(r)evolution“ Online-Umfragen unter Schülern werden eingeblendet. Ergebnis: Viele junge Menschen halten Gender-Sprache für unnötig.
„Herzlich willkommen, ihr Schülerinnen und Schüler, ihr Schülerinnen, ihre Schüler*Innen, ihr Lernende“, sagt Stamm zu Beginn. In ihrer Anmoderation spielt Stamm fast jede mögliche gendergerechte Ansprache durch. Diese Art der Anmoderation sage nichts über ihre eigene Haltung aus, sagt Stamm im Video. Zwei der Gäste im Studio sprechen sich später gegen das Gendern aus, darunter auch BR-Sprecher Huber. Drei sind dafür. Am Ende der Diskussion wird die Online-Umfrage wiederholt. Hat sich die Haltung der Schüler, die die Live-Sendung schauen, verändert? Ergebnis: Die Schüler lehnen Gender-Sprache noch immer klar ab. Stamm liest die Werte vor – und kommentiert: „Leider“ finde Gendern auch nach der Diskussion noch niemand klasse. Sie wertet das Ergebnis als „Aufruf“, die Veranstaltung 2023 zu wiederholen. Im Internet erntet sie dafür massive Kritik. Sie manipuliere die Schüler, heißt es.
Aber auch in der realen Welt braut sich was zusammen. „Gebührenfinanziertes Zwangsgendern“ nennt Florian Herrmann (CSU), der Leiter der Bayerischen Staatskanzlei und Minister für Medien, das BR-Format deshalb. „Es ist nicht Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, Kampagnen für Mindermeinungen zu führen“, sagt er. Herrmann irritiere, dass der BR veranlasst, Gender-Sprache von oben vorzugeben, bis sie „unten ankommt“. Der Rundfunkrat, sagt er, müsse den Vorgang in der nächsten Sitzung zwingend aufklären.
Der BR wehrt sich: „Die Behauptung, es handle sich um eine Gender-Sendung, mit der Schüler überzeugt werden sollten, ist schlichtweg falsch“, sagt BR-Sprecher Markus Huber. Ziel sei ein Meinungsaustausch über Gender-Sprache gewesen. Das sagt auch Claudia Stamm im Gespräch mit unserer Zeitung. „Keineswegs wollte ich damit ausdrücken, dass wir so lange reden müssen, bis alle einer Meinung sind.“ Außerdem, sagt sie, gendere sie im Alltag kaum. C. SCHRAMM