Wer soll denn da noch durchblicken? Am 15. August tritt die zweite Förder-Reformstufe für die energetische Gebäudesanierung in Kraft. Ab diesem Zeitpunkt müssen Eigentümer etwa für den Heizungstausch, neue Fenster oder die nachträgliche Wärmedämmung selbst tiefer in die Tasche greifen – denn die Zuschüsse sinken für fast alle Maßnahmen um fünf bis zehn Prozentpunkte, manche entfallen ganz.
Die Kritik an dieser Förder-Reform reißt nicht ab. Verbände sprechen von Chaos, Energieberater zeigen sich gar verzweifelt. Das berichtet Benjamin Weismann, Geschäftsführer des GIH-Bundesverbands, einer bundesweiten Interessenvertretung für Energieberater. Viele müssten nun ihre Planungen über den Haufen werfen. „Die zukünftigen Fördermittel sind leider nun so unattraktiv, dass viele ihre erforderlichen Sanierungsmaßnahmen nicht mehr angehen werden“, sagte Weismann. Der Verbraucherzentrale Bundesverband kritisierte: „Tausende Sanierungsprojekte könnten nach langer Planung verworfen oder unter enormem Mehraufwand reorganisiert werden müssen.“ Beim Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen heißt es: „Wer Häuser plant und baut, kann nicht von einem Tag auf den anderen alle Planungen über den Haufen werfen.“ Auch der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes befürchtet, dass nun viele Aufträge storniert würden und weniger saniert werde.
Was wurde beschlossen?
Am 26. Juli hatte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) die Reform verkündet. Nur wenig später, am 28. Juli, traten neue Förderbedingungen für Anträge auf Komplettsanierungen bei der staatlichen Förderbank KfW in Kraft. Es gibt keine direkten Zuschüsse mehr – nur noch für Kommunen –, sondern zinsverbilligte Kredite sowie einen Tilgungszuschuss. Die zweite Stufe der Reform gilt zum 15. August. Fördersätze für Einzelmaßnahmen bei Sanierungen werden damit gesenkt. Begründung des Wirtschaftsministeriums: Um möglichst vielen Bürgern angesichts knapper Haushaltsmittel Förderung zu ermöglichen, seien „etwas verringerte Fördersätze“ notwendig. Hintergrund ist, dass der Bund 2023 wieder die Schuldenbremse einhalten will. Steigende Energiepreise machten Investitionen in höhere Effizienz aber grundsätzlich schneller rentabel, so das Ministerium.
Wie wirkt sich das konkret auf die Fördersätze aus?
Die Fördersätze sinken um fünf bis zehn Prozentpunkte. . Fenster
Beim Fensteraustausch lag der Fördersatz früher bei bis zu 25 Prozent, nach der Reform bei rund 20 Prozent. Früher bekam man laut Ministerium maximal 15 000 Euro, nun 12 000 Euro. . Wärmepumpen
Beim Einbau einer Wärmepumpe gibt es laut Ministerium künftig statt 50 Prozent der Kosten nur noch maximal 40 Prozent vom Staat. Früher bekam man bis zu 30 000 Euro, nach der Reform bis zu 24 000 Euro. Den maximalen Fördersatz bekommt man mit einem neuen Wärmepumpen-Bonus für besonders effiziente Typen und einem Heizungs-Tausch-Bonus.
Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) hatte eine Wärmepumpen-Offensive angekündigt, ab 2024 sollen mindestens 500 000 neue Wärmepumpen pro Jahr installiert werden – auch um unabhängiger von russischem Gas zu werden. Im vergangenen Jahr wurden 150 000 Wärmepumpen in Deutschland eingebaut. . Gasheizungen
Zur Reform gehört auch, dass Gas- und Gas-Hybrid-Heizungen vollständig aus der Förderung herausfallen.
Wo informiere ich mich über die Höhe der Förderung für meine geplanten Sanierungsmaßnahmen?
Wer unsicher ist, mit welchen Fördermöglichkeiten er für die Modernisierung seiner Immobilie jetzt noch rechnen kann, kann sich zum Beispiel kostenfrei an die Energieberatung der Verbraucherzentrale wenden. Die nächstgelegene Beratungsstelle finden Interessenten unter www.verbraucherzentrale-energieberatung.de. Alternativ beraten die Fachleute auch online oder per Telefon. Bei der gemeinnützigen Beratungsgesellschaft CO2-online gibt es zudem einen Fördermittel-Check. Wer dort Daten zu seiner Immobilie und den Sanierungsvorhaben eingibt, bekommt verschiedene Förderprogramme vorgeschlagen, die in Betracht kommen.
Wer noch nicht weiß, welche Sanierungsmaßnahmen überhaupt infrage kommen, kann sich von einem sogenannten Energieeffizienz-Experten beraten lassen. Berater finden Sie unter www.energie-effizienz-experten.de. Die Auskunft kann Kosten verursachen, aber auch hier winken bis zu 50 Prozent Förderung. Für eine einfache Ersteinschätzung kann man auch den Modernisierungs-Check von CO2-online nutzen.
Wo muss ich den Antrag stellen?
Wer einzelne Modernisierungsmaßnahmen plant – etwa den Heizungsaustausch oder die Sanierung der Gebäudehülle –, muss die Förderung beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) beantragen.
Wer das komplette Gebäude sanieren möchte, erhält seine Förderung in Form eines zinsverbilligten Darlehens und eines Tilgungszuschusses von der KfW. Den Antrag dafür stelle man aber nicht direkt bei der KfW, sondern bei einem anderen Kreditinstitut seiner Wahl, sagt Martin Brandis von der Energieberatung der Verbraucherzentrale. Dieses leitet den Antrag dann weiter an die KfW.
Wann muss ich den Antrag stellen?
„Auf jeden Fall bevor Sie mit der Maßnahme beginnen“, sagt Brandis. Denn das ist eine Fördervoraussetzung. Wer vor Antragstellung mit der Sanierung beginnt, verspielt die Zuschüsse.
Idealerweise stellt man den Antrag daher, wenn die Planungen für die Modernisierungsmaßnahmen abgeschlossen sind und verschiedene Angebote dafür vorliegen. „Denn die Fördersummen sind ja abhängig vom Betrag der Maßnahme“, sagt Verbraucherschützer Brandis. Wer nur schätzt und die Kosten dadurch zu niedrig angibt, hat am Ende Pech und schöpft nicht den Maximalbetrag aus.
Wie lange dauert die Bearbeitung des Antrags?
Laut Martin Brandis ist mit zwei Monaten oder mehr Wartezeit zu rechnen, bis der Antrag von der zuständigen Stelle bewilligt oder abgelehnt ist. Aber: Die Wartezeit verzögert das Vorhaben nicht. Direkt nach der Antragstellung könnten Bauherren Brandis zufolge den Auftrag an das gewünschte Bauunternehmen vergeben und mit der Sanierung beginnen. „Das ist nicht förderschädlich“, sagt er.
Wann kann ich nach Bewilligung mit dem Geld rechnen?
Bafa-Zuschüsse für Einzelmaßnahmen sind erst nach Abschluss der Bauarbeiten zu erwarten. Und selbst dann könne es noch einige Wochen dauern, sagt Brandis. Denn eine wichtige Voraussetzung für die Zuwendung ist, dass die Sanierung technisch den geforderten Kriterien entspricht. Dafür muss ein sogenannter Verwendungsnachweis geführt werden – unter Beteiligung des Energieeffizienz-Experten oder des ausführenden Fachunternehmens. Brandis rät Eigentümern, die ihre Sanierungsmaßnahmen mittels Kredit finanzieren, daher, die Zuschüsse nicht schon bei der Aufnahme des Darlehens einzurechnen. Besser sei es, den Gesamtbetrag aufzunehmen, um beim Bezahlen der Handwerkerrechnungen nicht in Schwierigkeiten zu geraten. Clever ist es dann aber, entsprechende Sondertilgungen mit dem Kreditgeber zu vereinbaren, damit der Zuschuss direkt in die Abzahlung einfließen kann.