Streit um Laub und Kastanien

von Redaktion

Schöne herbstlich farbige Blätter – oder „unzumutbare störende Einwirkung“: Die Meinungen zum Thema Laub gehen auseinander. © Roland Weihrauch, dpa

Nachbarschaftsstreit im Herbst ähnelt oft dem im Winter: Wer sorgt für freie Wege, wer haftet, wenn jemand ausrutscht. Im Winter ist es der Schnee, der Spaziergänger behindert, im Herbst ist es das Laub. Eine Auswahl herbstlicher Urteile zum Thema:

■ Kein Schadenersatz

Hat ein Hauseigentümer den vor seinem Grundstück verlaufenden Gehweg wenige Tage zuvor von Laub und Ästen befreit, so kann eine Passantin, die danach auf frisch nassem Laub ausrutscht, weder Schadenersatz noch Schmerzensgeld verlangen. Es sei dem Grundstückseigentümer nicht zuzumuten, das Laub jeweils sofort beseitigen zu müssen, so das Landgericht Coburg. Fußgänger müssten im Herbst erhöht vorsichtig gehen. Hier forderte die Frau vergeblich 300 Euro Schadenersatz und 2500 Euro Schmerzensgeld für eine gebrochene Schulter und ein geprelltes Knie (AZ: 14 O 742/07).

■ Laubrente

In einem weiteren Fall zum Thema Laub hat dasAmtsgericht München entschieden, dass ein Grundstücksbesitzer zwar grundsätzlich von seinem Nachbarn eine Ausgleichszahlung verlangen kann, wenn von dessen Grundstück „unzumutbare störende Einwirkungen“ ausgehen. Dazu könne auch ein übermäßiger Laubfall gehören. Allerdings komme es immer darauf an, wie die örtlichen Gegebenheiten seien. Befinden sich die Grundstücke in einer grünen Siedlung, in der große Bäume das Gesamtbild prägen, so muss ein erhöhtes Laub-, Blüten-, Samen- und Äste-aufkommen geduldet werden. Hier verlangte der Nachbar 500 Euro „Laubrente“ jährlich vergeblich dafür, dass er mindestens dreimal im Jahr seine Regenrinnen reinigen und bis zu 1200 Liter Laub entsorgen müsse (AZ: 114 C 31118/12).

■ Überhängende Äste

Wachsen Äste über die Grundstücksgrenze hinaus und fällt von dort Laub auf das Grundstück, so kann der Nachbar verlangen, dass die Äste zurückgeschnitten werden. Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs widerspricht es den Grundsätzen ordnungsgemäßer Bewirtschaftung, Äste über die Grundstücksgrenze hinaus wachsen zu lassen (AZ: V ZR 102/18). Dagegen hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main entschieden, dass selbst dann, wenn (rund 90 Jahre alte) Eichen zu nah am Grundstückszaun stehen, bei „Verlaubung“ nicht zwingend Schadenersatz zu zahlen ist. Hier ging es einem Hausbesitzer vor allem um seinen Pool, der durch Blätter und Eicheln verschmutzt wurde. Weil er den Pool jedoch im Wissen des Laub- und Früchteaufkommens gebaut hatte, konnte er keine Entschädigung durchsetzen. Die Forderung in Höhe von rund 280 Euro monatlich ging ins Leere (AZ: 19 U 67/23).

■ Kastanien-Schäden

Eine Frau stellte ihr Auto auf einem kommunalen Parkplatz ab, der unter einem offensichtlich mit reichlich Kastanien bestückten Baum lag. Wird das Fahrzeug schließlich von einem „Kastanienregen“ verbeult, so muss die Stadt keinen Schadenersatz leisten. Das hat das Landgericht Aachen entschieden. Die örtliche – von jedem Parkplatznutzer zu erkennende – Situation erforderte es nicht, dass die verkehrssicherungspflichtige Kommune Sicherheitsvorkehrungen (zum Beispiel: Warnschilder) hätte treffen müssen (AZ: 4 O 350/02).

■ Walnuss-Schäden

Ähnliches gilt für einen Walnussbaum eines Grundstückseigentümers, unter dem ein Mann seinen Pkw im Herbst abgestellt hat – wenn auch auf seinem eigenen Grundstück. Ragt der Walnussbaum einen guten Meter auf seinen Grund und Boden herüber, so muss er damit rechnen, dass er reife Walnüsse abwerfen und seinen Wagen beschädigen kann. Das Amtsgericht Frankfurt am Main hält dies für „naturgegeben“. War der Baum nicht krank, so könne der Autobesitzer keine Schadenersatzansprüche gegen seinen Nachbarn geltend machen (AZ 32 C 365/17 – 72).

■ Rasenpflege

Im Herbst und im Winter sieht der Rasen in der Regel nicht mehr so schön aus wie in der wärmeren Jahreszeit. Das störte die Mieter eines Grundstücks, die vom Eigentümer deswegen eine Mietminderung forderten. Doch das Landgericht Berlin wies die entsprechende Klage ab. Das kümmerliche Erscheinungsbild des Rasens sei jahreszeitlich bedingt und nicht vom Vermieter zu verantworten (AZ: 65 S 422/10).

■ Baum-Sturz

Wer auf seinem Grundstück Bäume stehen hat, die umknicken und dabei Menschen sowie Gegenstände gefährden könnten, den trifft eine sogenannte Verkehrssicherungspflicht. Auch von einem Privatmann sei zu erwarten, dass er in angemessenen zeitlichen Abständen eine äußere Sichtprüfung von Bäumen durchführt. Dabei kann er auch als Laie gewisse Probleme wie abgestorbene Pflanzenteile, Pilzbefall und Rindenverletzungen erkennen, um dann gegebenenfalls Fachkräfte hinzuzuziehen (Oberlandesgericht Oldenburg, 12 U 7/17).